Leitantrag 2017 der BUND Regionalgruppe Leipzig

 

Nur lebendige Städte wachsen - Grünflächen für alle

Wenn Leipzig wächst, gehen viele grüne Flächen verloren. Liebgewordene Gärten und Parks in der Nachbarschaft verschwinden. Sie fördern nicht nur das Wohlbefinden der Menschen, sondern sind auch Brut- und Futterflächen für Vögel, Rückzugsraum für Tiere, Nische für Pflanzen und wichtig für das Stadtklima.

Als am schnellsten wachsende Großstadt Deutschlands mit einer hohen Brachflächen-Quote, liegt es an allen Leipziger*innen, die wachsende Stadt umweltfreundlich zu gestalten.

Mit jeder schwindenden Grünfläche steigt der Nutzungsdruck auf die restlichen Flächen. Hier wird dann nicht nur mehr gegrillt, sondern gleichzeitig suchen dort Tiere neue Nischen. Dieser Nutzungskonflikt ist nicht auflösbar. Deshalb muss das Wachstum der Stadt im Einklang mit der Natur geplant werden. Bereits 2015 forderte der BUND Leipzig in seinem Leitantrag zu diesem Thema "Mehr Raum für Biodiversität". Inzwischen zeigt sich, dass die rasante Bevölkerungszunahme eines viel größeren politischen und behördlichen Engagements bedarf, um diesen unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden.

Auf dem Papier hat Leipzig sehr gute Voraussetzungen, solche Konflikte im Sinne von Mensch und Natur zu lösen. So ist die "Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt" vor zehn Jahren bei einem bundesweiten Ministertreffen zum Thema Stadtentwicklung hier beschlossen worden. Auch die aktuellen wissenschaftlichen Anmerkungen des Bundesamts für Naturschutz zur "doppelten Innenentwicklung" werden durch die Verwaltung bereits diskutiert und angewendet. Am wichtigsten: mit dem "Integrierten Stadtentwicklungskonzept 2030" wird die Notwendigkeit, Grünflächen in den Quartieren zu erhalten und Freiräume naturnah zu gestalten, anhand fester Kriterien und Raumpläne beschrieben.

Doch in der Realität werden die guten Vorsätze zu selten umgesetzt. Im Spannungsraum zwischen der klammen Stadtkasse und dem Schutz von Grünflächen hat die Natur keine zahlungskräftigen Argumente. Hinzu kommt: zwei Drittel der Leipziger Brachflächen, ob Industrieruine oder wild bewachsene Häuserlücke, gehören Privateigentümern. Steigende Grundstücks- und Immobilienpreise erhöhen die Wahrscheinlichkeit der Bebauung sowie der gewinnträchtigen maximalen Flächenausnutzung. Statt Natur gibt es dann nur noch Beton und englischen Rasen.

Regeln deutlich machen

Was die Stadt jetzt schon tun kann, ist,  transparent und nachvollziehbar die Anwendung der bestehenden Regeln in den Entwicklungs- und Bebauungsplänen kenntlich zu machen. Dabei muss den Umweltbelangen die zentrale Rolle bei Planungen und Auflagen eingeräumt werden, die ihr gebührt. Nur so kann wenigstens der aktuelle Durchgrünungsgrad erhalten werden. Für unabhängige Kontrollen von Auflagenverstößen und deren konsequente Ahndung müssen die Umweltverbände mit den Behörden auf Augenhöhe gebracht werden.

Grün für alle

Die Bewohner*innen Leipzigs müssen demokratisch bestimmen, welche Qualität und Quantität von Grünflächen sie in ihren Wohnquartieren und im erreichbaren Umfeld haben wollen. Diese Werte müssen Richtschnur bei der weiteren Entwicklung der Stadt werden. Ihre Durchsetzung soll kreative Prozesse anstoßen. Die Sicherung relevanter privater Flächen muss vermittelt über das Bauplanungsrecht oder durch die Lenkung von Ausgleichsmaßnahmen und durch Erhaltungskäufe (z.B. über "Klima-Konten") erfolgen.

Kinder spielen nicht in Betonwüsten

Wenn durch Bebauung v.a. privater Grünflächen größere Grünflächen eines Viertels oder das Straßenbegleitgrün einer Straße wegfallen, muss dafür öffentlicher Raum entsiegelt werden. Straßenverkleinerungen, Verkürzen und Begrünen von Sackgassen, Entwidmen und Begrünen von Straßenparkplätzen wären mögliche Werkzeuge. Eine Regel zur doppelten Entsiegelung für alle neuversiegelten Flächen würde ebenfalls Wirkung zeigen.

Offensive Entwicklung bestehender Wohnflächen

Ob Dachausbau oder Aufstockung flacher Gebäude - jede vertikale Verbesserung des Bestands mindert den Druck auf das Stadtumfeld. Ebenso können auf den Parkplätzen der Einkaufsmärkte aufgeständerte Wohnhäuser gebaut werden. Hier kann die Stadt die Gespräche mit Eigentümern suchen und diese Form der Nachverdichtung schnell vorantreiben.

Dächer zu Gärten

Die Gründachstrategie der Stadt Leipzig ist mit dem aktuellen Fokus auf die Minderung des Regenwasser-Ablaufs noch deutlich ausbaufähig. Derzeit lässt sie die Klimawirkung, die Biodiversität und den Erholungsfaktor von neu geschaffenen Gründachflächen (Hochbeete, Dachgarten, etc.) weitgehend außen vor. Neben der Ergänzung des Gründach-Leitfadens wären auch finanzielle Unterstützung für Gründach-Umbauarbeiten oder deren Zulassung als („für Innenbereichsvorhaben üblicherweise nicht vorgesehene) Ausgleichsmaßnahme hilfreich.

Visionen umsetzen

Als einfache Maßnahme können, wo vollständige Parkhäuser (ent-)stehen, diese im Dachgeschoss als öffentlich zugängliche Parks gestaltet werden. Bauwagenplätze sollen Hilfen für die ökologische Ausrichtung ihrer Infrastruktur bekommen.

Ein fortgeschrittener Gedanke wäre die Anlage großflächiger öffentlicher Parks in den Höfen und auf den Dächern neuer Verwaltungsgebäude bzw. wäre dies über Architekturwettbewerbe und Ausschreibungen auch für Privatinvestoren möglich. Neben den Passagenhäusern kann Leipzig künftig für seine neue Dachpark-Kultur berühmt werden.

Leipzig darf sich nicht länger auf schönen Konzepten und deren Titeln ausruhen. Denn die Fehler von heute sind die teuren Nachbesserungen von morgen. Es bedarf dringend einer fortschrittlichen und ambitionierten Umsetzung umweltgerechter Stadtentwicklungspläne, die die Herausforderungen einer wachsenden Stadt auch in den nächsten Jahrzehnten positiv beeinflusst.



Ansprechpartner

Martin Oberreich

Arbeitskreis Stadtentwicklung und Verkehr

0341/ 3 06 53 95

umwelt@bundleipzig.de

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