März 2014
Der Frühlingsbeginn wurde eingeleitet mit Schneeglöckchen und Kettensägenlärm (früher Vogelgezwitscher). Denn in den letzten Februartagen wurden Bäume und Sträucher allerorts geschnitten und zurückgestutzt, auf menschliche Ordnungs- und Sicherheitsvorstellungen zurechtgetrimmt, oder ganz abgehackt. Denn Bäume sind gefährlich. Sie könnten einem auf den Kopf fallen!
Ganz schnell musste es gehen, denn von März bis Oktober ist es – eigentlich – vorbei mit der Sägerei. In dieser Zeit sind Bäume, Hecken und Sträucher nämlich Kinderstuben für Vögel und andere Tiere und § 39 (5) Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes verbietet, außer bei Gefahr in Verzug, das Abschneiden und Fällen von Bäumen (die außerhalb des Waldes, gärtnerisch genutzter Flächen und Kurzumtriebsplantagen stehen), außerdem von Hecken, lebenden Zäunen, Gebüschen und anderen Gehölzen.
Aber wie bei jedem Wischiwaschi-Gesetz gibt es auch hier zahlreiche Ausnahmeregelungen. Wer nämlich als öffentlicher oder privater Bauherr über eine Baugenehmigung verfügt und unbedingt in der warmen Jahreszeit mit dem Bauen beginnen will, der kann mit guter Aussicht auf Erfolg einen Befreiungsantrag vom § 39 (5) Nr. 2 BNatSchG bei der Naturschutzbehörde stellen. Schließlich geht es beim Bauen um viel Geld!
Mit der Begründung einer "unzumutbaren Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums und der Vereinbarkeit mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege" wird dem Befreiungsantrag allzuoft statt gegeben. Allerdings mit der Auflage, die Bäume und Sträucher vor ihrer Vernichtung auf bewohnte oder dauerhaft genutzte Nester, Fledermaushöhlen etc. zu untersuchen und im Falle deren Vorhandenseins die Bauarbeiten umgehend einzustellen.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Naturschutzbehörde auch über die nötige Personalstärke verfügt, um die Einhaltung dieser Auflagen zu überprüfen. Es gibt sehr verantwortungs- bewusste Bauherren, es gibt aber auch andere.
So liegt es also mit in der Verantwortung von uns Bürgern, genau hinzusehen: es darf nicht gefällt werden, wenn sich Vogelnester oder Fledermaushöhlen im Baum befinden. Sollten Sie so etwas beobachten, informieren Sie das Amt für Umweltschutz (Tel. 0341/1233422). Die Mitarbeiter dort sind verpflichtet, entsprechenden Hinweisen nachzugehen.
Bäume und Sträucher, Hecken und Fassadengrün werden weiterhin überall in Leipzig dem wachsenden Bauboom zum Opfer fallen. Und wer seine Freude an Pappeln hat, sollte schnell noch ein paar Fotos von ihnen machen. Es werden immer weniger.
Siehe auch: Baumrecht, Baumkappungen