16. März 2015

Stellungnahme zum Entwurf Bebauungsplan Nr. 400.1 „Zschochersche Straße/Erich-Zeigner-Allee – nördlicher Teil"

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der BUND Landesverband Sachsen e.V., vertreten durch die Regionalgruppe Leipzig, bedankt sich für die Beteiligung durch Gewährung der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Entwurf des Bebauungsplans Nr. 400.1 „Zschochersche Straße/Erich-Zeigner-Allee – nördlicher Teil.“

Wir geben dazu folgende Stellungnahme ab:

Der Entwurf wird in seiner derzeitigen Fassung entschieden abgelehnt.

Begründung:

Der Bebauungsplan soll dazu dienen, ein Baurecht für eine Wohnbebauung auf der Fläche der alten Brauerei in der Erich-Zeigner-Allee zu schaffen. Dieses Gelände hat sich aufgrund der lange zurückliegenden Stilllegung des Betriebs zu einem wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen im innerstädtischen Bereich entwickelt.

Auch wenn es zu begrüßen ist, für die Errichtung von neuen Bauvorhaben bereits versiegelte Flächen zu nutzen, ergeben sich aus unserer Sicht hier doch erhebliche Bedenken gegen den vorgestellten Bebauungsplanentwurf.

Wir bemängeln, dass aufgrund der Anwendung des beschleunigten Verfahrens von der Anwendung der Eingriffsregelung abgesehen worden ist. Wir halten jedoch die besonderen naturschutzfachlichen Verbotstatbestände aus § 44 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BNatSchG für anwendbar. Laut Planungsunterlagen stellen die Gebäude sowie die vorhandenen Vegetationsbestände bestens geeignete Lebensräume für Fledermäuse, Käfer und europäische Vogelarten dar. Deren Vorhandensein können wir leider nicht überprüfen, da das Gelände sich im Privateigentum befindet. Wir fordern jedoch eine fehlerfreie und methodisch nicht zu beanstandende gutachterliche Einschätzung und Kartierung, welche Arten sich im Vorhabengebiet befinden. Des Weiteren sind die jeweiligen Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen zu erarbeiten bzw. zu überarbeiten. Auch wenn hier die Anwendung der Eingriffsregelung abgelehnt wird, sind nach § 44 Abs. 5 BNatSchG die Verbotstatbestände weiterhin anwendbar und bedingen notwendige Kompensationsmaßnahmen. Nach § 44 Abs. 5 S. 3 BNatSchG können auch vorgezogene Kompensationsmaßnahmen festgesetzt werden. Davon ist im vorliegenden Fall Gebrauch zu machen, bspw. in Bezug auf die anzubringenden Nistkästen. Die notwendigen Kompensationsmaßnahmen sind weiterhin rechtlich abzusichern (vgl. § 15 Abs. 4 S. 1 BNatSchG), voran es vorliegend fehlt.

Wir beanstanden weiterhin, dass ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag nicht erstellt worden ist, obwohl dieser auch nach Festlegung des Umfangs der Ermittlung der Umweltbelange (Punkt 7.1.3 der Entwurfsbegründung) vorgesehen war. Des Weiteren weist die gutachterliche Einschätzung und Bewertung der Umweltbelange (Punkt 7. ff. der Entwurfsbegründung) erhebliche Mängel auf und ist unzureichend. Die Daten der Ortsbegehungen (21.02. und 05.03.2014) lagen deutlich außerhalb der Aktivitätsperiode der Mehrheit der potentiell zu erwartenden Tierarten auf der Fläche. Zudem fehlt jegliche Auflistung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Vögeln und Fledermäusen (Nester und Nischen in den Gebäuden sowie Baumhöhlen). Nistplätze und durch Vögel genutzte Baumhöhlen konnten schon durch eine eingeschränkte Begutachtung vom Zaun des Grundstücks festgestellt werden (Schwanzmeise, Blaumeise). Der BUND fordert daher die Vornahme einer artenschutzrechtlichen Prüfung mit mindestens zwei Begehungen des Geländes, die innerhalb der Aktivitätsphase von potentiell zu erwartenden Tierarten liegen. Besonderes Augenmerk sollte hier auf gebäudebewohnende Arten (Mauersegler, Turmfalke, Schleiereule, Haussperling etc., sowie und die verschiedenen Fledermausarten) gelegt werden.

Auch die Einschätzung der Gutachter zur Wertigkeit von Biotopen ist aus fachlicher Sicht recht fragwürdig. Natürlich sind die Bäume im ehemaligen Parkbereich der Villa und der angrenzenden Böschung (Baumkataster Nummernbereich 10 – 70 und 125 – 139) durch ihren dichten Stand, den hohen Totholzanteil und den Bewuchs mit Efeu in ihrer Vitalität eingeschränkt, aber genau dadurch ergeben sich in diesem Bereich vielfältige Mikrobiotope, Nist- und Versteckmöglichkeiten, die keineswegs wie in der Begründung suggeriert, durch die geplanten Gehölzpflanzungen kompensiert werden können, da diese im Stil eines Parks mit Wiesen und einzeln stehenden Bäumen ohne Totholz ausgeführt werden. Es erschließt sich folglich nicht, wie die Gutachter diesen Bereich als gering- bis mittelwertig einstufen können. Wir weisen darauf hin, dass die derzeit vorhandene Artenvielfalt nach Umsetzung der Planung verloren geht und keine vergleichbaren Biotope geschaffen werden, um diese zu erhalten. Die befürchtete eingeschränkte Artenvielfalt durch die baurechtliche Planung zeigt sich auch in Hinsicht auf die empfohlene Bepflanzung durch den Bebauungsplanentwurf (Anhang 5). Diese enthält gerade einmal 4 Arten, obwohl durch die geplante Maßnahme 16 Baumarten verloren gehen. Auch nach Streichung von 6 gebietsfremden Arten, hätte die Pflanzempfehlung deutlich umfangreicher ausfallen müssen. Der BUND fordert daher die Anlage von mindestens 10 verschiedenen einheimischen Baumarten, die durch diverse einheimische Sträucher ergänzt werden. 

Für Bäume, die der Baumsatzung der Stadt Leipzig unterliegen, fordern wir die zuständige Behörde auf, Ausnahmen vom Schutz nicht zu genehmigen. Vor allem im Bereich der alten Fabrikantenvilla können Beeinträchtigungen und Fällungen vermieden werden, da dieser Bereich auch nicht für eine Bebauung vorgesehen ist. Auch in Hinblick auf die Vegetationsbestände am Rande der zu beplanenden Fläche ist erneut zu prüfen, ob ihre Beseitigung vermieden werden kann. Wir rügen insofern unzureichende Vermeidungsmaßnahmen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch den vorgelegten Baubauungsplanentwurf die Belange des Umweltschutzes verkannt werden, die bei der planungsrechtlichen Abwägung zu berücksichtigen sind. Ohne eine nochmalige fehlerfreie Ermittlung und Bewertung der Belange des Umweltschutzes erachten wir auch das Abwägungsergebnis für fehlerhaft.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. David Greve

Landesgeschäftsführer

 

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