BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


21. April 2015

Stellungnahme zur Gashochdruckleitung TN 140.00 zwischen Leipzig, Hartmannsdorf und Leipzig, Brückestraße

Ihr Zeichen: 36.11-36.45.21/13-22-HT

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. und die Regionalgruppe bedanken sich für die Beteiligungsmöglichkeit und nehmen zum Vorhaben der Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH wie folgt Stellung:

Die Neuerrichtung der Gashochdruckleitung im Elsterhochflutbecken wird abgelehnt.

1.    Erhebliche Beeinträchtigung geschützter Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten

Die vorgesehene Leitung stellt einen Eingriff in den Naturhaushalt dar. Der BUND fordert, das betreffende Gebiet im Sinne der Vorsorge vor weiteren Eingriffen zu schützen und vertritt die Ansicht, dass eine Genehmigung für den Bau bzw. für die Neuerrichtung einer Gasdruckleitung im Elsterhochflutbecken zu versagen ist. Die bestehende Leitungstrasse, auf der die neue Leitung verlegt werden soll, verläuft zu großen Teilen unmittelbar entlang eines naturnahen Grabens im Elsterhochflutbecken. Eine erneute Genehmigung der Leitung zieht weitere Eingriffe nach sich, bspw. zur Wartung und Instandsetzung der Leitung. Damit ist absehbar, dass der Graben und das Flutbecken mit seinen heimischen Tieren und Pflanzen durch bauliche Aktivitäten weiter beeinträchtigt werden.

In dem betreffenden Gebiet kommen u.a. die nach der FFH-RL geschützten Arten wie Zwergdommel, Drosselrohrsänger, Moorfrosch, Teichfrosch, Kammmolch, Zauneidechse und Dunkler Wiesenameisenbläuling vor. Durch das Vorhaben werden Störungen dieser Arten durch den Verlust von Lebensraum (bspw. Verlust von Röhrichten) und durch Lärm hervorgerufen. Damit entspricht das Vorhaben nicht dem Erhaltungszielen des Gebietes. So sind im FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“ die nach Anhang I der FFH-RL geschützten Lebensraumtypen der Flachland-Mähwiesen zu bewahren und ein günstiger Erhaltungszustand zu gewährleisten. Weiterhin kommt nach den Erhaltungszielen des NATURA 2000-Gebietes, der Bewahrung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorkommenden Populationen aller Tier- und Pflanzenarten, eine besondere Bedeutung zu. Dazu sollen innere und äußere Störeinflüsse vermieden werden, was vorliegend durch das beabsichtigte Vorhaben nicht gewährleistet wird. Gerade in Bezug auf lärmempfindliche Arten (Zwergdommel) und wandernde Amphibien (Moorfrosch, Teichfrosch, Kammmolch) ist das Vorhaben nicht mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets vereinbar. So fällt der beabsichtigte Zeitraum für die Durchführung des Vorhabens in die Wanderungszeit von Amphibien (Ende September bis Ende November), die durch den Rohrkanal und dessen Grube erheblich bei deren Wanderungen zwischen den Gewässern (vor allem in Hinsicht auf den Graben im Flutbecken) gestört werden. Ein Verlust von Exemplaren der geschützten Arten, ist auch bei Durchführung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen möglich. Insofern macht der BUND geltend, dass dem Vorhaben die artenschutzrechtlichen Verbote aus § 44 BNatSchG entgegenstehen.

2.    Keine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten

Eine Ausnahme von § 44 BNatSchG darf nach § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert. Vorliegend ist aus den Planunterlagen nur eine eingeschränkte Darstellung der untersuchten Alternativen ersichtlich. Eine Prüfung von zumutbaren Alternativen, die den mit dem Projekt verfolgten Zweck auch an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen erreichen, ist schon gem. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG zwingend vorzunehmen. Die untersuchte Variante außerhalb des Hochflutbeckens, kann aufgrund der fehlenden Darstellung (bspw. in einer Karte) nicht nachgeprüft werden. Es wird daher zunächst gefordert, untersuchte Alternativen auch ausreichend darzustellen. Weiterhin erfolgte die Variantenuntersuchung vor allem in Hinsicht auf bestehende Eigentumsverhältnisse. Eine Alternativenprüfung hat jedoch vor allem unter Berücksichtigung der Wirkungen des Vorhabens aus naturschutzfachlicher Sicht zu erfolgen. Fraglich ist weiterhin, ob der Vorhabenträger bereits Verhandlungen mit den betreffenden Grundstückseigentümern geführt hat, die eine Verlegung der Leitungstrasse außerhalb des Flutbeckens unmöglich erscheinen lassen. Der BUND fordert den Vorhabenträger auf, mögliche Planungsalternativen auch ausreichend zu prüfen. Insofern muss derzeit davon ausgegangen werden, dass zumutbare Alternativen bestehen.

3.    Verstoß gegen Verbot aus § 39 Abs. 5 BNatSchG

Der Zeitraum für die Durchführung des Vorhabens ist in den Planunterlagen für Mitte August bis zum Ende Oktober angegeben. Der Bauzeitraum liegt damit innerhalb der Vegetationsschutzzeit (1. März – 30. September). Somit wird durch die Planung das Verbot aus § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG verletzt. Daneben ist auch das Verbot aus § 39 Abs. 5 Nr. 3 BNatSchG durch die Planung verletzt. Danach dürfen Röhrichte nicht in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückgeschnitten werden. Da mit dem Vorhaben sowohl eine Beseitigung von Gehölzen, als auch von Röhrichten innerhalb des Schutzzeitraums beabsichtigt wird, stehen dem Vorhaben die Verbote aus § 39 Abs. 5 BNatSchG entgegen.

4.    Fehlerhafte Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung

Des Weiteren halten wir die im LBP enthalte Annahme für nicht zutreffend, dass durch die vorhabenbedingte Beseitigung der Vegetation und dem dadurch entstehenden Verlust von Lebensraum, nur von einer vernachlässigbaren, temporären Störung auszugehen ist. Mit einer Wiederherstellung der Vegetation kann laut dem LBP erst nach drei Jahre nach dem Eingriff gerechnet werden. Die Beeinträchtigung des Lebensraumtyps ist somit erheblich, da die Folgen mindestens drei Jahre andauern, bis sich die Vegetation auf das bisherige Niveau regeneriert hat. Dies gilt es auch im Rahmen der Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung zu berücksichtigen. Jedoch erfolgt in der vorgenommenen Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung eine Herabsetzung um einen Wertpunkt für alle beeinträchtigten Lebensraumtypen, da von einer temporären Störung und schnellen Regenerierbarkeit ausgegangen wird. Dies aus unserer Sicht nicht zu vertreten, da von einer Regenerierung erst nach 3 Jahren ausgegangen werden kann. Somit ist auch die Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung zu überarbeiten.

5.    Erhöhte Lärmbelastung

Eine Einhaltung des Schalldruckpegels durch die Bauarbeiten unter 52 dB(A) ist aus unserer Sicht nicht gewährleistet. Es handelt sich vielmehr um eine Absicht des Vorhabenträgers, dessen Einhaltung nicht überprüft wird. Die durch Lärm hervorgerufene Vergrämungswirkung ist somit nicht ausgeschlossen und stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der lärmempfindlichen Tierarten dar. Das Gebiet ist schon durch die S 46 und die parallel verlaufende Eisenbahntrasse lärmtechnisch vorbelastet, so dass weitere Lärmquellen in Schutzgebiet zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tierarten führen. Dies gilt besonders in Hinblick auf lärmempfindliche Tierarten wie die Zwergdommel.

6.    Verringerung des Arbeitsstreifens

Laut dem LBP beträgt der reguläre Arbeitsstreifen für die beabsichtigten Bauarbeiten 16 m. Abschnittsweise soll dieser auf 8 m verringert werden. Der BUND regt aufgrund der Schutzwürdigkeit des Gebietes eine allgemeine Begrenzung des Baustreifens auf 8 m an. In diesem Zusammenhang begrüßen wir den Einsatz von Baggermatten, weisen jedoch darauf hin, dass die Vegetation auch unter diesen Matten Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Dies gilt es bei der Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung zu berücksichtigen. Eine ökologische Baubegleitung halten wir, wie auch im LBP vorgeschlagen, als zwingend notwendig, um eine Einhaltung der Schutzmaßnahmen zu gewährleisten.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve

Landesgeschäftsführer

 

 

Stellungnahme als PDF


Quelle: http://archiv.bund-leipzig.de/media/stellungnahmen/detail/browse/2/artikel/stellungnahme-zur-gashochdruckleitung-tn-14000-zwischen-leipzig-hartmannsdorf-und-leipzig-bruecke/