23. April 2015

Stellungnahme zum Änderungsgenehmigungsverfahren Flughafen Leipzig/Halle


Ihr Zeichen: 65-4055/12/3

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Sachsen bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren. Gemeinsam mit der BUND Regionalgruppe Leipzig erheben wir nachfolgend Einwendungen und äußern uns als Träger öffentlicher Belange des Umweltschutzes, zu denen vorliegend in erster Linie die Belange des Lärmschutzes zählen.

Die beantragte Änderung der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Leipzig Halle wird vom BUND Sachsen abgelehnt.

Begründung

Die beantragte Änderungsgenehmigung ist abzulehnen, da für die beantragten Änderungen der Betriebsgenehmigung weder ein Bedarf für die Änderungen besteht (I.), noch bei Änderung der Betriebsregelung in der Umgebung des Flughafens der gebotene Schutz vor Lärm entsprechend der bestandskräftigen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses sichergestellt ist (II.). Soweit die Flughafen Leipzig Halle GmbH (FLHG) dem durch einen Antrag auf Verschlechterung des planfestgestellten Umgriffs der maßgeblichen Lärmschutzzone und Absenkung der Vorgaben für die Dimensionierung des passiven Schallschutzes zu begegnen versucht, ist dies als Abkehr von dem bisherigen Problemlösungsmodell der Planfeststellungsbehörde abzulehnen.

Daneben verweist der BUND Sachsen darauf, dass eine Nachvollziehbarkeit der beabsichtigten Änderung durch die Betroffenen nicht gewährleistet ist, da wesentliche Unterlagen, die zur Beurteilung notwendig sind, im Rahmen der öffentlichen Auslegung nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Dies gilt in Hinsicht auf die bereits ergangene luftrechtliche Planfeststellung vom 4.11.2004 inklusive deren Änderungen. Der BUND regt an, generell und unabhängig vom hier betrachteten Genehmigungsverfahren der Öffentlichkeit die wesentlichen Unterlagen (Beschlüsse, Karten usw.) in elektronische Form im Internet zur Verfügung zu stellen. Dies entspricht der gängigen Praxis und trägt zum besseren Verständnis innerhalb der Öffentlichkeit bei (vgl. z.B. die umfangreiche Dokumentation für den BER unter www.mil.de). Ohne die vollständigen Grundlagen ist es höchst schwierig, die beantragten Änderungen zutreffend einzuordnen.

I. Kein Bedarf für beantragte Änderungen

Mit Schreiben vom 07.05.2012 beantragte die FLHG zunächst, die Nebenbestimmung in A II 4.7.2. wie folgt zu ergänzen:

Ebenso sind von diesen Regelungen ausgenommen Triebwerksprobeläufe, die aus witterungsbedingten oder aus sonstigen zwingenden technischen Gründungen der Nichtnutzbarkeit des Triebwerkprobelaufstandes nicht im Triebwerksprobelaufstand stattfinden können. Dies gilt für Triebwerksprobeläufe zur Nachtzeit nur, wenn diese aus zwingenden betrieblichen, insbesondere das Luftfahrzeug betreffenden umlaufbedingten Gründen nicht zur Tagzeit durchgeführt werden können. Die Flughafen Leipzig/Halle GmbH hat den Ort, die Uhrzeit und die Gründe der Durchführung von Triebwerksprobeläufen außerhalb des Triebwerksprobelaufstandes aufzuzeichnen und der Luftaufsichtsbehörde vorzulegen.

Nach weiterer Begründung des Antrags in 2014 hat die FLHG den Antrag mit Schreiben vom 15.01.2015 wie folgt erweitert:

„In Nr. A II 4.7.2 Satz 2 und Satz 3 sollen die Worte ,in keinem Fall' durch die Worte ,im Mittel nicht' ersetzt werden.“

Zu der Antragsergänzung wird in einem eigenständigen Kapitel Stellung bezogen. Die beantragte Änderung auf Zulassung von TPL zur Nachtzeit außerhalb der TPL-Halle kann bereits deshalb nicht genehmigt werden, weil hierfür der gebotene Bedarf vollständig fehlt.

1. Anforderungen an die Zulassung nächtlicher TPL

Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Bedarfs für die beantragten TPL ist die Darlegung eines Bedarfs, der am Tage nicht befriedigend abgewickelt werden kann. Derart dargelegte Verkehrsinteressen bedürfen in einem zweiten Schritt der Abwägung mit den besonderen Lärmschutzinteressen der Anwohner, resultierend aus § 29 b Abs. 1, Satz 2 LuftVG bzw. § 8 Abs. 1 Sätze 3 und 4 LuftVG.

Dabei gilt für die Nachtkernzeit nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG, dass die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses in den Kernstunden der Nacht einer gesteigerten Rechtfertigung bedarf (vgl. Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 53 m.w.N.). Erforderlich ist ein standortspezifischer Nachtflugbedarf, der im Unterschied zur Mehrzahl der anderen deutschen Flughäfen einen unbeschränkten Nachtflugbetrieb zu rechtfertigen geeignet ist. Ein allgemeines Verkehrsbedürfnis reicht demgegenüber nicht aus, um diesen Verkehren die Möglichkeit zum Nachtflugbetrieb zu bieten (Urteil vom 9. November 2006 a.a.O. Rn. 71 unter Bezugnahme auf Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 271; Urteil vom 04.04.2012, 4 C 3.10, Rn. 284 - juris). Einen standortspezifischen Nachtflugbedarf hat der zuständige 4. Senat bisher - abgesehen von besonderen Bedarfslagen wie Regierungs- oder Katastrophenschutzflügen - ausschließlich für Frachtflüge zum Transport von Expressfracht anerkannt (Urteile vom 9. November 2006 a.a.O. Rn. 53 und vom 24. Juli 2008 - 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 59; Urteil vom 04.04.2012, 4 C 3.10, Rn. 285 - juris). Hinsichtlich des Linien-, Charter- und Touristikverkehrs hat er demgegenüber die Verhältnisse auf den meisten deutschen Flughäfen mit nächtlichen Flugbeschränkungen als Beleg dafür gewertet, dass sich dieser durchweg ohne existenzgefährdende Einbußen außerhalb der Kernzeit der Nacht abwickeln lässt. Jedenfalls was den Flughafen Leipzig/Halle anbetraf, konnten nach Auffassung des Senats Verkehre, die nicht dem Transport von Expressfracht dienen, die Durchführung von Flugverkehr in der Nachtkernzeit grundsätzlich nicht rechtfertigen (Urteile vom 9. November 2006 a.a.O. Rn. 68 und vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 61, Urteil vom 04.04.2012, 4 C 3.10, Rn. 285 - juris).

Das Bundesverwaltungsgericht hat auch in der für die Zulassung von Flugbewegungen in den sog. Nachtrandstunden maßgeblichen Entscheidung zum Ergänzungsplanfeststellungsbeschluss für den Flughafen BER einen klaren Maßstab formuliert (vgl. Urteil vom 13.10.2011, 4 A 4000/10, Rn. 48 ff.):

„Für die Nutzung der Nachtrandstunden, also die Zeit von 22:00 bis 24:00 Uhr und 5:00 bis 6:00 Uhr, ist ein standortspezifischer Bedarf nicht erforderlich. Auch die Durchführung eines Flugbetriebs in den Nachtrandstunden bedarf im Rahmen der Abwägung im Hinblick auf § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG jedoch einer besonderen Begründung. Starts und Landungen dürfen nicht ohne erkennbare Notwendigkeit gerade in diesen Zeitraum - und damit außerhalb der unter Lärmgesichtspunkten weniger problematischen Tagesstunden - gelegt werden. In den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr besitzt der Lärmschutz allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Daraus folgt, dass sich plausibel nachgewiesene sachliche Gründe, weshalb ein bestimmter Verkehrsbedarf oder ein bestimmtes Verkehrssegment nicht befriedigend innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann, im Zuge der Abwägung gegen die Belange des Lärmschutzes durchsetzen können. Solche Gründe können sich z.B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs (Zeitzonen, Verspätungen, Verfrühungen) oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften deren Bedürfnisse nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abdecken kann (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 287 f.).

Für die Ermittlung und Gewichtung des Nachtflugbedarfs in den Nachtrandstunden bedeutet das: Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Nachtflugbedarfs ist die Darlegung einer Nachfrage nach Nachtflugverkehr. Das gilt jedenfalls für die planbaren Verkehre, insbesondere den Passagier- und Frachtverkehr. Nachtflugbedarf kann sich zwar nicht nur aus einer tatsächlichen, aktuell feststellbaren Nachfrage ergeben, sondern auch aus der Vorausschau künftiger Entwicklungen; eine entsprechende Bedarfslage muss aber bei vorausschauender Betrachtung in absehbarer Zeit mit hinreichender Sicherheit erwartet werden können (Urteile vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <271 f.>, vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 282 und vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 17). Die Bedienung der Nachfrage muss zudem von den Planungszielen, die die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens gerechtfertigt haben, umfasst sein. Eine Nachfrage nach Verkehren, für die der Flughafen nicht geplant wurde, kann die Zulassung von Nachtflugbetrieb von vornherein nicht rechtfertigen.“

Vorliegend bleibt bereits unklar, in welche Zeitscheibe der Nacht die TPL fallen sollen. Da dies nicht weiter aufgeklärt wird, ist anzunehmen, dass in der gesamten Nacht entsprechende TPL stattfinden sollen.

Festzustellen ist zunächst, dass die vorgenannte Rechtsprechung auf TPL entsprechend anzuwenden ist, da § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG, auf dessen Grundlage das BVerwG diese Anforderungen entwickelt hat, an § 29b Abs. 1 Satz 1 LuftVG anknüpft, der wiederum bereits ausweislich seines Wortlauts auch den Betrieb der Luftfahrzeuge am Boden erfasst. Zum damit in die Schutzwirkung der Norm einbezogenen Bodenlärm zählen unstreitig auch die TBL.

2. Kein Bedarf für nächtliche TPL außerhalb des TPLS

Die Antragsbegründung enthält weder standortspezifische Gründe für die Durchführung nächtlicher TPL außerhalb der Halle, noch werden plausible Gründe geltend gemacht, die eine Zurückdrängung der Lärmschutzinteressen der Anwohner rechtfertigen könnten.

Die FLHG macht mit ihrem Antrag vom 07.05.2012 lediglich geltend, dass eine Ausnahmeregelung für „seltene“ Ereignisse geschaffen werden müsse, damit TPL auch zur Nachtzeit außerhalb des TPLS durchgeführt werden, wenn dieser nicht genutzt werden kann. Dies soll witterungsbedingt der Fall sein oder auch durch zwingende, unvorhergesehene technische Gründe oder Störungen, die eine Benutzung des TPLS ausschlössen. Dies wird zwar – nahezu wortgleich – mehrfach wiederholt, allerdings nicht konkretisiert, um welche konkreten Gründe es sich handeln soll. Ergänzt wird lediglich, dass die Planfeststellungsbehörde bei Erlass der Regelung in Teil A II 4.7.2 davon ausgegangen sei, dass der TPLS „die Nutzung zur Durchführung von TPL immer gestatte“. Dass dies nicht der Fall sei, habe die Behörde also sozusagen übersehen, als sie den damaligen Antrag der FLHG auf ausschließliche Durchführung der TPL in der Halle auch in diesem Sinne verstanden habe.

In der Zwischenzeit hat sich erwiesen, dass die Triebwerksprobelaufhalle auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle, die dem Stand der Wissenschaft und Technik entspreche, nicht in der Lage sei, bei jeder Witterung und bei jeden Windverhältnissen die für Flugzeug und Bedienungspersonal gefahrlose Durchführung von Triebwerksprobeläufen zu gewährleisten. Auch nach Sanierung der Triebwerksprobelaufhalle und der Zertifizierung ihrer Eignung für alle auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle eingesetzten Flugzeugmuster sowie der Einweisung des Bedienungspersonals für die Durchführung von Triebwerksprobeläufen in der Halle habe sich ergeben, dass ein Anteil von ca. 20 % an Triebwerksprobeläufen (ausweislich der vorgelegten statistischen Darstellungen über die Durchführung von Triebwerksprobeläufen in den Jahren 2011 bis 2014 auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle) außerhalb der Triebwerksprobelaufhalle durchzuführen sei.

Zum ersten Argument ist zu sagen, dass Witterung und Wind nun einmal Umweltbedingungen sind, mit denen sich die Fluggesellschaften abfinden müssen. Dementsprechend ist es ihnen bei bestimmten Wetter- und Windbedingungen auch nicht möglich, zu fliegen. Dies begründet aber keinen Anspruch auf Zulassung von Nachtflugbetrieb. Nichts anderes kann für die TPL gelten. Wetterbedingte Restriktionen gehören zum typischen Risiko jeder Luftfahrtgesellschaften und können deshalb nicht in der Lärmbetroffenen aufgebürdet werden,

Voraussetzung für die Durchführung von Triebwerksprobeläufen zur Nachtzeit soll nach dem Antrag der FLHG und seiner Begründung sein, dass aus witterungsbedingten oder aus sonstigen zwingenden technischen Gründen die Nichtnutzbarkeit des Triebwerksprobelaufstandes zur Durchführung von Triebwerksprobeläufen feststeht. Hinzutreten müsse für die Durchführung von Triebwerksprobeläufen zur Nachtzeit, dass diese aus zwingenden, d.h. im Einzelfall unabweisbaren betrieblichen, umlaufbedingten Gründen erforderlich seien, weil die Triebwerksprobeläufe nicht auf den Tag verschoben werden können.

Unter die technischen Gründe soll offenbar auch der Fall zählen, dass der TPLS gerade durch ein anderes Luftfahrzeug genutzt wird, jedenfalls gibt der Antrag bzw. eine entsprechende Regelung eine solche Interpretation her. Was sonstige zwingende technische Gründe sein sollen, wird nicht erläutert und erschließt sich aus sich heraus auch nicht. Der Hinweis darauf, dass die FLHG aus den mit den Nutzern des Verkehrsflughafens Leipzig/Halle geschlossenen Verträgen schadensersatzpflichtig sein könne, wenn sie keine Möglichkeit bereithalte, auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle in der Zeit zwischen 22:00 bis 06:00 Uhr bei nachweislich zwingenden betrieblichen Gründen Triebwerksprobeläufe durchführen zu lassen, ist nicht von Belang. Was für Verträge die FLHG mit ihren Nutzern schließt, ist ihr Problem. Dass sie diesen versprechen konnte, dass TPL auch nachts außerhalb des TPLS durchgeführt werden können, gibt die bisher geltende Betriebsgenehmigung jedenfalls nicht her. Sofern die FLHG ihren Nutzern vertraglich anderes zugesagt hat, hat sie dies in Kenntnis der geltenden Regelungen und damit auf eigenes Risiko getan.

Im Übrigen zeigen die Ausführungen der FLHG, dass von einer Garantie, stets und immer, zu jeder Zeit und bei jedem TPL durchführen zu können, ohnehin keine Rede sein kann. Danach hat sie vertraglich die Garantie übernommen, dass sie zur Tag-, insbesondere aber auch zur Nachtzeit, „die Funktionsfähigkeit des Luftfrachtdrehkreuzes auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle sicherstellt“. Die Durchführung von Nachtflugbetrieb sei auf dieser Basis gestattet und vom BVerwG anerkannt. Nach Auffassung der Flughafen Leipzig/Halle GmbH zählt hierzu (also zum zugelassenen Nachtflugbetrieb) jedenfalls in den vom Ergänzungsantrag der Flughafen Leipzig/Halle GmbH erfassten Ausnahmefällen, auch die Durchführung von Triebwerksprobeläufen außerhalb des Triebwerksprobelaufstandes, wenn dieser die ihm zukommende Funktion nicht erfüllen könne.

Die FLHG geht hier von mehreren offensichtlich falschen Annahmen aus. Zunächst mag dahinstehen, ob das BVerwG in seinen Urteilen vom 09.11.2006 und vom 24.07.2008 ausdrücklich auch die Durchführung nächtlicher TPL im Blick hatte und ob diese nach der ursprünglichen Regelung auch außerhalb hätten stattfinden können. Jedenfalls hat die FLHG nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die nun geltende Regelung selbst beantragt, sodass sie ihr gegenüber bestandskräftig ist. Wie sich den Gründen des Bescheids entnehmen lässt, war die Frage, ob TPL auch außerhalb der Halle stattfinden können, durchaus Gegenstand der Diskussion, wurde aber von der FLHG nicht gewünscht. Selbst wenn also die Durchführung nächtlicher TPL außerhalb des TPLS ursprünglich gestattet war, wurde diese Regelung wieder rückgängig gemacht. Zum Zweiten ist nicht erkennbar, dass die Funktionsfähigkeit des Luftfrachtkreuzes von der jederzeitigen Verfügbarkeit von TPL abhinge. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die FLHG selbst vorbringt, es handele sich um seltene Ereignisse. Seltene Ereignisse dürften aber wohl kaum die Funktionsfähigkeit des Expressfrachtdrehkreuzes beeinträchtigen. Die FLHG verkennt also auch, dass nach der Rechtsprechung das hier offenkundige Streben nach Schaffung „optimaler“ Voraussetzungen nicht geeignet ist, die Lärmschutzinteressen der Anwohner zu überwinden. Dies gilt gerade mit Blick auf die ohnehin intensive Nutzung der Nachtkernzeit, für welche das BVerwG das Unterbleiben jeden einzelnen Fluges als für die Anwohner relevant bezeichnet hat.

Nichts anderes als die Schaffung optimaler Nutzungsbedingungen für die Luftverkehrsgesellschaften hat die FLHG aber im Sinn, wenn sie verlangt, dass bei allen Wind- und Wetterbedingungen TPL möglich sein müssen. Einen Nachweis dafür, warum eine Durchführung der TPL bei Nichtnutzbarkeit des TPLS nicht im Tagzeitraum möglich sein soll, liefert die FLHG nicht, sie versucht dies nicht einmal. Sie behauptet lediglich, bei Nichtnutzbarkeit des TPLS könnten die TPL nicht in den Tag verschoben werden und will hierfür im Einzelfall dann „unabweisbare betriebliche, umlaufbedingte Gründe“ anführen. Betriebliche und umlaufbedingte Gründe für eine mangelnde Möglichkeit der Verschiebung von TPL in die Tagzeit rechtfertigen aber nach dem Maßstab des BVerwG zweifelsfrei keine TPL in der Nachtkernzeit. Ob diese Gründe unabweisbar sind, wie die FLHG meint, ist nicht ihrer Einschätzung, sondern der Wertung der Behörde vorbehalten. Konkrete betriebliche oder umlaufbedingte Gründe hat die FLHG jedenfalls nicht geltend gemacht. Damit bleibt sie die entscheidende Anforderung des BVerwG schuldig. Es wird mit keinem Wort erläutert, wieso die TPL zwingend auf die Nutzung der Nachtzeit angewiesen sind und diese TPL nicht auch befriedigend innerhalb des Tages abwickelt werden können.

Ein Beispiel lässt sich aber dem Lärmgutachten 2015 entnehmen. Dort wird verwiesen auf den Fall einer infolge Vogelschlags beschädigten B 777, deren Triebwerk über Nacht ausgewechselt wurde und die umlaufbedingt am nächste Morgen wieder starten sollte, zuvor aber vorgeschriebenermaßen einen TPL durchführen musste. Die zuständige Behörde hat zu Recht die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für einen TPL zur Nachtzeit außen abgelehnt. Dieser Fall belegt sehr eindrücklich, dass entgegen dem Gebot der größtmöglichen Rücksichtnahme auf die Nachtruhe der Bevölkerung den Nutzern des Flughafens optimale Entfaltungsmöglichkeiten geschaffen werden sollen. Die FLHG möchte den Fluggesellschaften eine Einhaltung der Umlaufplanungen auch dann ermöglichen, wenn ein Flugzeug aus dieser Planung wegen eines Schadens bereits herausgefallen ist. In solchen Schadensfällen (siehe zu einem vergleichbaren „Grund“ für die nächtlichen TPL außen auch die Stellungnahme der DHL) liegt die Ursache für Störungen in der Umlaufplanung nicht in der mangelnden Verfügbarkeit des TPLS, sondern darin, dass ein Luftfahrzeug auf einen TPL angewiesen ist, das nach den entsprechenden Zeitplänen zum fraglichen Zeitpunkt hierfür nicht vorgesehen war, weil es eine technische Störung oder einen Schaden hatte. Insofern ist maßgeblich, dass die TPL vorausschauend selbstverständlich in die Umlaufplanungen eingebunden sind und damit mit geplant werden. Benötigt ein Luftfahrzeug einen TPL zu einem Zeitpunkt, an dem ihm der TPLS nicht zur Verfügung steht, dann muss es eben warten. Wer einen Unfall hat, kann auch nicht erwarten, dass er sofort im Krankenhaus behandelt wird, nur weil er am nächsten Tag morgens schnell wieder los muss. Ebenso muss man beim Arzt oder in einem guten Restaurant nun einmal warten, wenn man keinen Termin oder Tisch reserviert hat. Dass man beides – aus welchen Gründen auch immer – nun plötzlich doch sofort „braucht“ (besser gesagt: haben will), hilft üblicherweise nicht weiter. Eine entsprechende Forderung wird von niemandem ernst genommen und dies zu Recht. Diese bewusst überzeichnete Darstellung beruht auf dem auf unserer Seite bestehenden Unverständnis angesichts von Antragsunterlagen, in deren Begründung von einem Bedarf für die TPL zur Nachtzeit außerhalb des TPLS nicht einmal im Ansatz die Rede sein kann, da ein solcher bereits nicht behauptet wurde. Betriebliche Erfordernisse oder die Umlaufplanung der Airlines können für eine mehrmals im Monat auftretende Verlärmung der Nachtkernzeit mit 40 (!) Maximalpegelereignissen von 1,5 min Dauer von vornherein nicht herangezogen werden, sonstige Gründe, die es ausschließen könnten, mit dem TPL zu warten, bis der Tag angebrochen ist, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Insbesondere liegen ersichtlich keine kapazitiven Engpässe vor. Dass die Kapazität des TPLS erschöpft wäre, kann kaum angenommen werden. Im Jahr 2012 fanden auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle insgesamt 367 Triebwerksprobeläufe statt; es ist also etwa ein Triebwerksprobelauf pro Tag (24 Stunden) durchgeführt worden. Im Jahr 2013 wurden auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle insgesamt 408 Triebwerksprobeläufe durchgeführt, also im Durchschnitt etwa ein Triebwerksprobelauf pro Tag. In den Monaten Januar bis August 2014 waren auf dem Verkehrsflughafen Leipzig/Halle 222 Triebwerksprobeläufe durchzuführen, also durchschnittlich ca. ein Triebwerksprobelauf pro Tag. (vgl. Antragsbegründung vom 09.10.2014). Legt man zugrunde, dass ein TPL nach Angaben der FLHG nur 1 Stunde dauert und rechnet noch je eine Stunde Vor- und Nacharbeiten mit, ist evident, dass die Kapazität des TPL ausreichend ist, um irgendwann an einem Tag noch 1 oder 2 TPL zusätzlich zu dem bereits durchschnittlich durchgeführten unterzubringen – hierbei wurden die 2 in der Nachtzeit denkbaren TPL gar nicht mitgerechnet.

Auch die von den Hauptnutzern angesprochenen Aspekte begründen einen Bedarf nicht. Es mag sein, dass entsprechend dem Vortrag von DHL der Ausfall eines Flugzeuges mit 25t oder 40t Fracht dazu führt, dass die Zustellung von 3000 bis 6000 Briefen ausfällt (richtiger wohl: sich verspätet), aber dies passiert ebenso, wenn dem ausliefernden LKW ein Unfall widerfährt oder er in einem längeren Stau steht. Davon bricht nicht die Logistikkette zusammen, sondern es ist eine von vielen Unstimmigkeiten und Unvorhersehbarkeiten, die Unternehmen, welche in vertakteten Ketten agieren nun einmal treffen können. Dass diese hieraus einen Anspruch auf Zurückdrängung schutzwürdiger Lärminteressen ableiten könnten, hat die Rechtsprechung verneint, da niemand Anspruch auf optimale Entfaltungsmöglichkeiten hat. Keine andere Beurteilung erlaubt die Einlassung der Airologic, die von einem signifikanten Standortnachteil und Wettbewerbsnachteil spricht. Hier sind keine Flughäfen bekannt, an denen nachts TPL außerhalb eines TPLS durchgeführt werden dürfen. Auch darf unterstellt werden, dass mit solchen Verspätungen durch betriebliche oder sicherheitstechnische Gründe das Luftfahrzeug betreffend auch die von Airologic angesprochenen Wettbewerbern zu tun haben und die von der Gesellschaft beschriebenen Folgen für die Logistikkette bei anderen Luftfahrtgesellschaften an anderen Flughafen ebenso auftreten. Airologic verlangt deshalb keine Gleichbehandlung, sondern einen Standortvorteil, der es ihr erlauben soll, auch solche Verzögerungsursachen, die in ihrer alleinigen Risikosphäre liegen, zu vermindern.

Die beantragte Änderung des Verbotes nächtlicher TPL außerhalb der Halle ist damit bereits mangels Glaubhaftmachung eines standortspezifischen Bedarfs nicht genehmigungsfähig. Eine weitere Konkretisierung der erhobenen Einwendungen und Bedenken zum Bedarf an der fraglichen Änderung behalten wir uns ausdrücklich für den Erörterungstermin vor. Hier erwarten wir auch noch nähere Erläuterungen der unvollständigen Antragsunterlagen.

II. Verschlechterung der Schallschutzziele des Planfeststellungsbeschlusses

Auch die zweite beantragte Änderung, die sich bei der richtigerweise zu erwartenden Ablehnung des Ausgangsantrages ohnehin erledigt haben dürfte, ist nicht genehmigungsfähig.

Die FLHG beantragt, der Nebenbestimmung in Teil A II 4.7.2 folgende Fassung zu geben:

Triebwerksprobeläufe dürfen am Flughafen Leipzig/Halle in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr) im Mittel nicht (bisher: in keinem Fall) an der Grenze des unter A II.4.2.2. des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Nachtschutzgebietes zu einem A-bewertetem Maximalpegel von mehr als 50 dB(A) außen führen.

Innerhalb des unter A II. 4.2.2 des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Nachtschutzgebietes dürfen Triebwerksprobeläufe am Flughafen Leipzig/Halle während der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) im Mittel nicht (bisher: in keinem Fall) zu einem A-bewertetem Maximalpegel von mehr als 35 dB(A) im Wohnungsinneren führen.

1. Die Ursprungsregelung

Die Planfeststellungsbehörde nahm in dem für die Errichtung der Triebwerksprobelaufhalle erlassenen 7. Planänderungsbeschluss an, ohne die Halle in der konkreten Ausrichtung könnten die im Planfeststellungsbeschluss vom 04.11.2004 vorgegebenen Grenzwerte wohl kaum eingehalten werden. Ob bei sog. seltenen Ereignissen diese Grenzwerte auch überschritten werden dürfen, wurde damals nicht für relevant, weil hypothetisch erachtet. Maßgeblich für die Behörde war, dass dann, wenn der Triebwerksprobelaufstand genutzt würde, keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Spekulationen darüber, ob die FLHG bei bestimmten Witterungslagen dazu übergehen wird, Triebwerksprobeläufe außerhalb dieser Anlage durchzuführen, hielt die Planfeststellungsbehörde für fehl am Platz. Es wurde insoweit auf Ziff. 8 des Antragsschreibens vom 05.04.2007 verwiesen, in dem die FLHG selbst beantragt hatte, die Nebenbestimmung A II.4.7.2. dahingehend abzuändern, dass Triebwerksprobeläufe am Flughafen Leipzig/Halle nur auf dem im festgestellten Plan C 4a als „Triebwerksprobelaufstand" gekennzeichneten Bereich durchgeführt werden dürfen. Die Planfeststellungsbehörde habe mit der unter A III. 1. getroffenen Regelung klargestellt, wie sie diesen Änderungsantrag der FLHG verstanden hat.

Die Planfeststellungsbehörde hat folglich die Durchführung der TPL ausschließlich in der Halle als maßgebliche Voraussetzung für die Lärmverträglichkeit der TPL angesehen. Sie sah sich darüber hinaus sogar gezwungen, zur Gewährleistung der Einhaltung der Lärmgrenzwerte den Einbau von Kulissenschalldämpfern anzuordnen. Der jetzt gestellte Antrag steht den Grundannahmen für die Errichtung des TPLS entgegen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass oder warum sich die Einschätzung der Behörde, TPL zur Nachtzeit außen seien mit den Lärmschutzzielen des PFB nicht vereinbar geändert haben könnte.

Die diesbezüglich von der FLHG eingeholten Lärmgutachten vom 24.02.2012 (Gutachter 2012), vom 22.04.2013 (Gutachter 2013) und vom 24.04.2014 (Gutachter 2014) belegen nichts anderes und unterliegen im Übrigen zahlreichen Bedenken:

2. Kein taugliches Mengengerüst für Lärmprognose

Den Gutachten fehlt es bereits an einer tragbaren Bedarfsprognose unter Berücksichtigung eines geeigneten Prognosehorizonts.

Der PFB ging ursprünglich von nur 144 jährlichen TPL aus, tatsächlich waren es bereits in 2013 insgesamt 408 TPL, von denen 105 auf Außenpositionen stattfanden.

Der Gutachter 2012 legte ursprünglich zunächst das Szenario 2011 zugrunde:

„Die Anzahl der in den einzelnen Monaten durchgeführten Triebwerksprobeläufe unterliegt deutlichen Schwankungen. Ein wiederkehrendes Muster einer „Jahresganglinie“ ist hierbei nicht ersichtlich. Zur Verdeutlichung des „Trends“ zeigt die Abb. 2 den gleitenden Jahresmittelwert der pro Monat durchgeführten Triebwerksprobeläufe (Summe Tag und Nacht). Der gleitende Jahresmittelwert zeigt bis etwa Mitte des Jahres 2010 einen nahezu linearen Anstieg. Ab diesem Zeitpunkt weist der gleitende Mittelwert lediglich geringe Schwankungen im Bereich zwischen 31 und 34 Triebwerksprobeläufen pro Monat auf. Ein weiterer Anstieg des Probelaufaufkommens ist derzeit nicht zu erkennen. Den nachfolgenden Betrachtungen wird deshalb das Probelaufaufkommen des Jahres 2011 zugrunde gelegt.“

Was der Gutachter geflissentlich verschwieg, ist die Tatsache, dass in einzelnen Monaten in 2011 über 40 oder gar mehr fast 50 TPL durchgeführt wurden, wobei das Verhältnis zwischen TPL im TPLS und außerhalb durchaus unterschiedlich war. Es bleibt unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage TPL auch bisher außerhalb durchgeführt wurden. Diesbezüglich wird unsererseits entsprechende Aufklärung durch die Behörde im Erörterungstermin erwartet.

Für 2013 wird im Gutachten 2014 ein Trend zur Verlagerung der TPL in den Tag konstatiert. Dieser dürfte sicher auf das behördliche Verbot der nächtlichen TPL auf den Außenpositionen ab 2013 zurückzuführen sein und sagt zugleich nichts über die künftige Entwicklung aus. Zudem stimmen die Zahlen in Text und Tabellen nicht überein (vgl. S. 7 des Gutachtens 2014 und S. 10, Fußnote).

Die Abschätzung erfolgte im Gutachten 2012 für das folgende Mengengerüst:

279 Triebwerksprobeläufe am Tag pro Jahr

davon 80% S5.2, 5.5% S3.2 und 14.5% S6.1 (die „sonstigen“ Luftfahrzeuge werden somit diesen drei Hauptgruppen zugeschlagen.)

 

Da für die am Flughafen Leipzig-Halle durchgeführten Triebwerksprobeläufe offenbar keine spezifischen Last-Zeit-Profile vorliegen, wurden durch den Gutachter die in der Bundesrat Drucksache 566/1/08 vorgeschlagenen „Standardwerte“ des dort vorgeschlagenen Berechnungsmodells für Lärm aus TPL zur Anwendung gebracht. Es ist unverständlich, dass die Planfeststellungsbehörde die FLHG nicht rechtzeitig zur Vorbereitung des schon seit langer Zeit vorbereiteten Verfahrens verpflichtet hat, entsprechende Last-Zeit-Erhebungen zu machen. Es wird angezweifelt, dass die angenommenen Standardwerte den tatsächlichen Zeiten der 4 Phasen der durchgeführten TPL entsprechen. Die Angaben über die späteren Erhebungen der FLHG (Gutachter 2013 und 2014) konnten mangels Verfügbarkeit der dort angesprochenen Bezugsquellen, die nicht Bestandteil der ausgelegten Unterlagen sind, nicht nachvollzogen werden.

Im Jahr 2011 fanden nachts ausweislich der Lärmgutachtens 2012 insgesamt 93 Triebwerksprobeläufe statt. Im Monatsdurchschnitt wurden 8 nächtliche Triebwerksprobeläufe angenommen und zugleich unter Bezugnahme auf den aktuellen Nutzungsanteil des Triebwerksprobelaufstands von 80%, angenommen, dass bezogen auf das ganze Jahr nachts knapp 19 Triebwerksprobeläufe außerhalb des TWPS stattfinden werden (im Monatsdurchschnitt also ca. 1 bis 2 Probeläufe im Freien).

Unter Hinweis auf den verwendeten Verteilungsschlüssel wurden für die Flugzeuggruppen TPL von S5.2 (z.B. B 757) mit 15 Ereignisse, von S3.2 (z.B. AN 124) mit 1 Ereignis und von S6.1 (z.B. A 300) mit 3 Ereignissen in die Betrachtung eingestellt.

Hierzu wird beanstandet, dass keine Prognose darüber angestellt wurde, wie sich die TPL in Anbetracht künftiger – von der FLHG stets beabsichtigter –Steigerungen des Flugbetriebsauskommens entwickeln werden. Die Annahme des Gutachters, es gebe aktuell keine Anhaltspunkte für Steigerungen, greift ersichtlich zu kurz. Richtigerweise hätte es eine Prognose unter Berücksichtigung eines angemessenen Prognosehorizonts geben müssen, alle Lärmberechnungen sind folglich bereits deshalb unbrauchbar, weil sie die Anzahl der TPL unterschätzen und zweifelsfrei nicht auf der sicheren Seite liegen. Hinzu tritt, dass die Anzahl speziell der TPL mit AN 124 mit einem Ereignis kaum zutreffend abgebildet sein dürfte. Für dieses Flugzeug wurde nach den Aussagen in den ausgelegten Unterlagen durch Messungen ein Emissionspegel bei TPL von 159 dB(A) festgestellt, die Schalldämpfer in der TPL-Halle wurde aus diesen absoluten Höchstpegel eingestellt. Für eine konservative Betrachtung hätten auch veränderte und unter Lärmgesichtspunkten ungünstigere Zusammensetzungen der Flugzeuge in den TPL analysiert werden müssen.

Schlussendlich ist die Ableitung des Mengengerüsts auch deshalb nicht plausibel, weil keine Angaben darüber gemacht werden, wie viele der nächtlichen TPL in 2011 außen stattgefunden haben und nicht erkennbar ist, ob der für die Flugzeugtypen angenommene Schlüssel auch speziell für die nächtlichen TPL gilt, oder ob es sich um eine Ableitung aus allen TPL handelt (wovon ausgegangen wird). Es ist anzunehmen, dass sich hierdurch ebenfalls die Gefahr einer Unterschätzung speziell der nächtlichen Lärmbelastung ergibt. Weitere Konkretisierungen werden dem EÖT vorbehalten.

Die AzB-2008 geht nach den Aussagen im Gutachten 2012 von einer Standardabweichung S = 3 dB aus. Der hieraus resultierende Korrekturwert würde ca. 1 dB betragen, d.h. der berechnete logarithmische Mittelwert der Verteilung wird statt von 50% lediglich von rund 38% der gleichartigen Lärmereignisse erreicht oder überschritten. Es bleibt hier unklar, ob der Korrekturwert angesetzt wurde.

Der Gutachter 2012 nimmt an, dass an der Grenze des Nachtschutzgebietes des Flughafens Leipzig-Halle Maximalpegel von 68 dB(A) außen aus Triebwerksprobeläufen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen seien. Das angewandte Berechnungsverfahren der von Triebwerksprobeläufen ausgehenden Lärmbelastung sieht aber vor, die NAT-Werte aus dem Flugbetrieb und die NAT-Werte aus den Triebwerksprobeläufen zu addieren und die so für eine Einzelnacht erhaltene Summe der Überschreitungen gem. FluglärmG zu bewerten. Der Gutachter der FLHG meint, bei dieser Betrachtungsweise komme der vergleichsweise geringen Anzahl von Triebwerksprobeläufen, die am Flughafen Leipzig-Halle nachts außerhalb des Triebwerksprobelaufstandes durchgeführt würden, schon auf Grund der hierbei erreichten Pegelhöhe keine Bedeutung zu. Angesichts der Tatsache, dass der PFB 2004 das Konzept verfolgte, den Schutz vor Fluglärm bestmöglich sicherzustellen, kann dies nicht überzeugen. Richtigerweise hätte deshalb auch vorliegend eine Betrachtung unter Einbeziehung des Lärms aus dem Flugbetrieb erfolgen müssen und dieser anhand der planfestgestellten Schutzkonzepts bewertet werden müssen. Hieran ändert die speziell für TPL in A II 4.7.2 geschaffene flugbetriebliche Regelung nichts, da diese die Verknüpfung des Lärms aus TPL mit dem übrigen Bodenlärm und dessen Einbeziehung sowohl in die Berechnung des Schutzgebietsumgriffs als auch in die Dimensionierung des einzelfallbezogenen passiven Schallschutzes (vgl. A II 4.2.4 bis 4.2.6) völlig unberührt gelassen hat.

3. Aufweichung des Schutzziels

Der Gutachter meint, die Festlegung im PFB bzw. im 4. ÄPFB, „Triebwerksprobeläufe dürfen am Flughafen Leipzig/Halle in der Nacht (22.00 bis 6.00 Uhr) in keinem Fall an der Grenze des unter A II.4.2.2. festgelegten Nachtschutzgebietes zu einem A-bewerteten Maximalpegel von mehr als 50 dB(A) außen führen“ enthalte keine Angabe hinsichtlich der mit diesem Wert verknüpften zulässigen Überschreitungshäufigkeit und sei somit nicht vollständig beschrieben. Es sei davon auszugehen, dass zumindest „seltene Ereignisse“ hiervon nicht betroffen sind.

Diese Ausführungen sind angesichts der geltenden Rechtsprechung nicht haltbar. So hat das OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 25.04.2013, 11 A 19.13), bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2014, 4 B 36.13) für eine insoweit vergleichbare Regelung der Flughafens BER angenommen, eine Formulierung, dass ein bestimmter Pegel kein Mal (hier: in keinem Fall) auftreten dürfe, dahingehend auszulegen ist, dass „keine“ schlicht Null heißt. Eine sowohl mathematisch als auch sprachlich wenig überraschende Schlussfolgerung, die selbstverständlich auch am Flughafen Leipzig Halle zu gelten hat. Entgegen der Annahme des Gutachters hat die Planfeststellungsbehörde sehr wohl eine Überschreitungshäufigkeit definiert – nämlich 0 Überschreitungen.

Im Gutachten heißt es weiter:

„Mit Maximalpegeln von mindestens 60 dB(A) ist an allen Nachweispunkten mit einer Häufigkeit < 1mal pro Jahr zu rechnen. Überschreitungen des Wertes von 55 dB(A) treten an der südlichen Grenze des Nachtschutzgebietes bis zu 3mal pro Jahr, an der nördlichen Grenze des Nacht-schutzgebietes maximal 1mal pro Jahr auf. Maximalpegel von 50 dB(A) werden an der südlichen Grenze des Nachtschutzgebietes maximal 11.6mal, d.h. im Jahresdurchschnitt knapp 1mal pro Monat, an der nördlichen Grenze des Nachtschutzgebietes bis zu 5.4mal pro Jahr überschritten.“

Der Gutachter vergisst zu erwähnen, dass diese Werte in Beziehung gesetzt werden müssen zu der unterstellten Anzahl an nächtlichen TPL, nämlich 19. Dann wird ohne weiteres deutlich, dass an einzelnen Nachweisorten mehr als jeder 2. TPL zu einer Überschreitung der vorgeschriebenen Lärmwerte führt, an anderen jeder 3. oder 4., wobei die Überschreitungen die weit überwiegende Zahl der Immissionsorte betrifft. Mit der Annahme des Gutachters, hierdurch werde die Einhaltung des Schutzziels „nicht vollständig“ sichergestellt, ist dieser Sachverhalt wohl nur unzureichend beschrieben. Tatsache ist, dass das Lärmgutachten 2012 mit den dort angegebenen Tabellen nur die Richtigkeit der Annahme des 7. ÄPFB belegt: nur bei Durchführung der TPL in der Halle können die Lärmwerte des PFB eingehalten werden.

Die Berechnung der Häufigkeit der AWR im Gutachten 2012 kann bereits wegen der vorstehend aufgezeigten Mängel in der Erstellung des Mengengerüsts und der hiermit verbundenen fehlerhaften Gewichtung besonders hoher Maximalpegel keinen Bestand haben.

Im Übrigen räumt der Gutachter ein, dass bei großen Entfernungen der Nachweisorte den meteorologischen Ausbreitungsbedingungen eine sehr große Bedeutung zukommt. Unter der Annahme, die Berücksichtigung des meteorologischen Einflusses sei heute lediglich bei der Berechnung von Langzeit-Mittelungspegeln gängige Praxis und bei der Abschätzung von Kurzzeit-Mittelungspegeln oder von Maximalpegeln nicht möglich, hält er die Einbeziehung der Meterorologie in die Berechnung aber nicht für angezeigt. Stattdessen legt er fest, dass in 50% der Fälle für die Schallausbreitung günstige meteorologische Bedingungen herrschen und will dies „durch die Annahme normalverteilter Pegel mit einer Standardabweichung von 3 dB(A)“ berücksichtigen. Dies ist bereits deshalb unverständlich, weil die Standardabweichung nach AZB – wie der Gutachter anfangs selbst dargestellt hat – ohnehin zum festen Bestandteil der AZB gehört. Der Gutachter belegt hier also selbst, dass er in 50% der Fälle entgegen der AZB keine Standardabweichung von 3 dB(A) einbezogen hat. Dass er dann versucht, die richtige Anwendung der AZB als konservative Betrachtung durch angebliche Einbeziehung von meteorologischen Einflüssen zu verkaufen, muss doch etwas verwundern.

Wieso der Gutachter 2012 genauere Betrachtungen nur für den am stärksten belasteten Nachweispunkt anstellt, ist nicht nachvollziehbar.

Darauf, ob Pegel in der Größenordnung von 50 dB(A) messtechnisch zu erfassen und eindeutig einer (weit entfernten) Quelle zugeordnet werden können, kommt es nicht an. Die Tatsache, dass auch der lokale Erschließungsverkehr (Innerortsverkehre) an der vom Gutachter betrachteten nächstliegenden Bebauung maximale Vorbeifahrtpegel im Bereich zwischen etwa 50 bis 60 dB(A) verursacht, hätte allenfalls Anlass für eine Gesamtlärmbetrachtung geboten (z.B. nach VDI 3722).

Der Gutachter 2014 nimmt sodann eine Interpretation des Schutzziels des ÄPFB vor und meint, dieses müsse ebenso wie der Fluglärm auf die Verkehre der 6 verkehrsreichsten Monate in der Durchschnittsnacht bezogen sein (soweit nachfolgend auf Aussagen des Gutachters 2014 Bezug genommen wird, die auf die anderen Gutachten Bezug nehmen oder diese wiedergeben, richtet sich die Kritik selbstverständlich gegen alle betroffenen Gutachten des(selben) Gutachters).

Zur Auszählung der Maximalpegelhäufigkeiten wurde 1 TPL (= 60 min) in 40 Maximalpegel mit einer Wirkzeit von 1,5 min zerlegt, denen einzelne Pegelklassen der unterschiedlichen TPL-Phasen zugeordnet wurden. Die Untersuchung betrachtet die folgenden zwei Szenarien:

Szenario 1 mit durchschnittlich einem nächtlichen Triebwerksprobelauf pro Monat mit einem Luftfahrzeug der AzB-Gruppe S6.1 (A300 bzw. B777) an der Außenposition „Alte Südbahn“.

Szenario 2 mit 9 nächtlichen Triebwerksprobeläufen pro 6 Monaten. (Außenposition „Alte Südbahn“: 4mal S5.2 (z.B. B757) und 2mal S6.1; Außenposition „Enteisungsfläche NW“: 2mal S5.2 und 1mal S6.1).

Beide Szenarien liegen nicht auf der sicheren Seite und beruhen nicht auf einer Prognose, sondern orientieren sich am Status-Quo, nun unter Berücksichtigung der Entwicklung der TPL bis einschließlich August 2014.

Nach Ermittlung der Maximalpegel wurden diese in einem weiteren Schritt auf die Durchschnittsnacht bezogen.

Nach Auffassung des Gutachters (2013 und 2014) überschreiten in der Durchschnittsnacht in Schlafräumen die von diesen Triebwerksprobeläufen hervorgerufenen Maximalpegel Lmax-innen den Wert 35 dB(A) lediglich mit einer äußerst geringen Häufigkeit. Bei Rundung des Häufigkeitswertes auf die ganze Zahl ergebe sich für alle Nachweispunkte die Maximalpegel-Überschreitungshäufigkeit von „0mal 35 dB(A) Lmax-innen“. Diese Triebwerksprobeläufe verursachten während der beurteilungsrelevanten Durchschnittsnacht lediglich eine statistisch zu vernachlässigende Anzahl an Aufwachreaktionen nach dem DLR-Kriterium. Hierdurch könne ausgeschlossen werden, dass durch den Beitrag der Triebwerksprobeläufe die Anzahl an Aufwachreaktionen (Summe aus Flugbetrieb und Triebwerksprobeläufe) im Mittel auf über 1 ansteige. Diese Annahme wird angezweifelt, da die Grundlagen der Berechnung wie oben gezeigt mit Mängeln behaftet sind und die Anzahl an TPL in einem überschaubaren Zeitraum von 5 bis 10 Jahren nicht prognostizieren.

Die Annahme des Gutachters 2014, die Unternehmen verzichteten von sich aus auf TPL in den Nacht ist spekulativ und angesichts der bereits jetzt bestehenden Häufigkeit der Durchführung von TPL auch nicht plausibel.

Die Herleitung des Mengengerüsts durch den Gutachter 2014 ist gleichfalls nicht nachvollziehbar, die zugrunde gelegten 7,1 TPL (ebenso die bereinigten 7,7) können nicht nachvollzogen werden, gleiches gilt für die Annahme, es handele sich im Durchschnitt um 0,9 bzw. 2 nächtliche TPL außen, die Bedenken werden im EÖT näher konkretisiert. Im Gutachten 2014 ist nicht nachvollziehbar, womit am Ende tatsächlich gerechnet wurde.

Der Gutachter 2014 stellt jedenfalls fest, dass dann, wenn die 7,1 TPL alle auf der Außenposition Süd durchgeführt werden, an einigen Nachweisorten der Grenzwert von 50 dB(A) überschritten wird. Der Gutachter sieht zu Unrecht dieses Szenario durch den Antrag der FLHG als unwahrscheinlich an; eine entsprechende Begrenzung kann dem Antrag nicht entnommen werden. Die für die TPL außen nach Auffassung der FLHG möglichen Gründe bieten der FLHG durch das weiche Kriterium der „umlaufbedingten Gründe“ letztlich einen Freibrief, zumal stets lediglich eine nachträgliche Anzeige an die Behörde erforderlich ist. Wie aus nahezu sämtlichen Flughafenverfahren bedingt, sind die umlaufbedingten Gründe nahezu beliebig darstellbar und praktisch nicht überprüfbar. Die Annahme, dieses Szenario könne nicht eintreten, ist damit weder belegt, noch auch nur naheliegend. Vielmehr sind schnelle TPL ohne den Aufwand der Verbringung in die Halle und ohne etwaige Wartezeiten bis zum Freiwerden der Halle für die Airlines hoch attraktiv, sodass mit höheren Zahlen an TPL außen zu rechnen ist.

Die eigentlich entscheidenden Ausführungen finden sich erst am Ende des Gutachtens 2014. Dort wird zutreffend ausgeführt, dass ohne eine weitergehende Interpretation des Schutzzieles nicht beurteilt werden könne, ob die ermittelten Überschreitungshäufigkeiten mit dem geltenden Schutzziel vereinbar sind. Hierbei meint der Gutachter zu Unrecht, die Planfeststellungsbehörde habe keine zulässige Überschreitungshäufigkeit festgelegt (s.o. – keine Überschreitung heißt keine Überschreitung). Jedenfalls müsse, so der Gutachter, diese gerundet werden und die Entscheidung getroffen werden, auf welchen Beurteilungszeitraum sie sich bezieht. Da es der Planfeststellungsbehörde bei der Schaffung der bisherigen Regelung darum gegangen sei, dass der Lärm aus TPL auf die Aufwachreaktionen nur einen statistisch vernachlässigbaren Einfluss haben dürfe, soll es zulässig sein, den Beurteilungszeitraum der TPL analog dem Flugbetrieb auf das Mittel der 6 verkehrsreichsten Monate zu beziehen. Dabei wurde jeder TPL in insgesamt 40 Maximalpegel zerlegt (s.o.). Über die Betrachtung im Gutachten 2012 hinaus wurden weitere Szenarien mit 3 oder 4 monatlichen Probeläufen gerechnet. Für diese Szenarien wird bei ungünstigen meteorologischen Bedingungen eine Durchführung der TPL auf der Enteisungsfläche NW empfohlen. Nicht aufgeklärt wird, wie sich diese Empfehlung auf andere Nachweisorte auswirkt.

Entgegen der Auffassung des Gutachters wird der neu beantragte Bezug auf das Mittel dem gebotenen Lärmschutz nicht gerecht und lässt sich insbesondere nicht den bisherigen Regelungen des PFB zu TPL entnehmen. Vielmehr wird versucht, die bisherige Festlegung, dass schlicht keine höheren Pegel als 50 dB(A) außen bzw. 35 dB(A) auftreten dürfen – so der Wortlaut der Bestimmung – massiv aufzuweichen und dem Kriterium jegliche Schutzwirkung zu nehmen. Es macht einen signifikanten Unterschied, ob derartige Pegel im Gesamtzeitraum der 6 verkehrsreichsten Monate nicht auftreten dürfen oder ob dies lediglich am Durchschnittstag der Fall. Es ist evident, dass die über den Zeitraum auftretende Häufigkeit der TPL eher gering ist, sodass bei einer Bezugnahme auf den Durchschnittstag auch eine höhere Anzahl an TPL noch nicht dazu führt, dass am Durchschnittstag bzw. in der Nacht eine weitere Aufwachreaktion auftritt. Die eigentliche Störwirkung dieser Ereignisse wird hierdurch letztlich gezielt kleingeredet.

Die Bestimmung der Überschreitungshäufigkeit stellt im Sinne des PFB – so der Gutachter 2014 - ein zweistufiges Verfahren dar: In einem ersten Schritt erfolgt die Rundung der berechneten Häufigkeit auf eine definierte Rundestelle (z.B. 2. Nachkommastelle). Im einem zweiten Schritt wird dann der ganzzahlige Anteil der gerundeten Häufigkeitsangabe bestimmt (z.B. 0, 1, 2, 3 ...). Sodann wird ausgeführt:

„Die oben für die Bestimmung der Pegelhäufigkeitsverteilungen bzw. der Überschreitungs-häufigkeiten angegebenen Grundsätze gelten auch für die Festlegungen im PFB bezüglich der Maximalpegel aus Triebwerksprobeläufen. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Festlegung im PFB, dass die Bewertung der von den Triebwerksprobeläufen ausgehenden Geräuschbelastung ebenfalls nach dem DLR-Kriterium zu erfolgen hat und durch die Triebwerksprobeläufe lediglich eine statistisch zu vernachlässigende Anzahl an Aufwach-reaktionen verursacht werden darf. Hierdurch wird ausgeschlossen, dass außerhalb des Nachtschutzgebietes die Anzahl der Aufwachreaktionen auf über 1 im Mittel ansteigt.

Das Schutzziel, dass Triebwerksprobeläufe während der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) in Schlafräumen in keinem Fall zu einem A-bewerteten Maximalpegel von mehr als 35 dB(A) führen dürfen, ist somit als ein durch statistische Mittelung über einen längeren Zeitraum (z.B. 6 verkehrsreichste Monate analog zur Fluglärmberechnung) bestimmtes NAT-Kriterium von „0mal 35 dB(A) LA-max-Innen“ zu verstehen. Wie oben dargelegt wurde, erfordert dieses Kriterium die sinnvolle Festlegung der Rundestelle und die anschließende Bestimmung des ganzzahligen Anteils der gerundeten Zahl. Um das Schutzziel einzuhalten, muss die so ermittelte Überschreitungshäufigkeit den Wert 0 annehmen. Die denkbar strengste Auslegung dieses Kriteriums, die deutlich über die an die „Grenzlinie 1mal 80 dB(A)“ gestellten Anforderungen hinausgeht, stellt die Rundung auf die ganze Zahl dar. In diesem Fall wird zur Häufigkeit die Zahl 0.5 addiert. Anschließend werden die Nachkommastellen weggelassen. Für mittlere Überschreitungshäufigkeiten < 0.5 ergibt sich somit die Überschreitungshäufigkeit „0“, d.h. das Schutzziel ist eingehalten. Bei Werten von mindestens 0.5 ist das Schutzziel nicht mehr eingehalten.

Die im PFB verfügte Begrenzung der Maximalpegel aus Triebwerksprobeläufen („keine A-bewerteten Maximalpegel von mehr als 35 dB(A) im Wohnungsinneren“) führt – wie die Abb. 2 exemplarisch zeigt – zu einer sehr geringen Anzahl zusätzlicher Aufwachreaktionen, die im Planfeststellungsbeschluss als „statistisch zu vernachlässigend“ bezeichnet wird. Gemäß Seite 391 des PFB /1/ ist damit „ausgeschlossen, dass außerhalb des Nachtschutzgebietes durch Triebwerksprobeläufe die Anzahl der Aufwachreaktionen auf über 1 im Mittel ansteigt“.

Der Gutachter verkennt hier grundlegend, dass sich seine Annahme, es folge unmittelbar aus einer Festlegung im PFB, dass die Bewertung der von den Triebwerksprobeläufen ausgehenden Geräuschbelastung ebenfalls nach dem DLR-Kriterium zu erfolgen hat und durch die Triebwerksprobeläufe lediglich eine statistisch zu vernachlässigende Anzahl an Aufwachreaktionen verursacht werden darf, nur im Hinblick auf die Regelungen des passiven Schallschutzes in Teil A II 4.2.1 bis 4.2.6 zutreffend sind. Für die Auslegung der flugbetrieblichen Regelung in Teil A II 4.7.2 geben diese Bestimmungen nichts her.

Soweit der Gutachter davon ausgeht, es sei davon auszugehen, dass die gem. AzB unter Berücksichtigung der Bodendämpfung berechneten Maximalpegel bei „durchschnittlichen Ausbreitungsbedingungen“ nicht oder lediglich geringfügig überschritten werden, wird dies durch nichts belegt. Die Aussage wird angezweifelt.

Die von den Gutachten 2013 und 2014 betrachteten Szenarien unterschätzen gleichfalls die Lärmbelastung durch nächtliche TPL bei Erteilung der beantragten Genehmigung.

So wird abgeschätzt, dass durchschnittlich mit rund einem Triebwerksprobelauf pro Monat zu rechnen ist, der während der Nachtstunden nicht im Triebwerksprobelaufstand durchgeführt werden kann und deshalb an eine der beiden Außenpositionen verlagert werden soll. Die DHL setze überwiegend Luftfahrzeuge der AzB-Gruppen S5.2 (insbesondere B 757) und S6.1 (A 300, B 777) ein. Der Bedarf nächtlicher Triebwerksprobeläufe an Außenpositionen werde sich deshalb in erster Linie auf diese beiden Luftfahrzeuggruppen beziehen, wobei das Verhältnis von S5.2 zu S6.1 bei ca. 75% zu 25 % liegt. Die AN124 wurde hier nicht betrachtet, obwohl der Gutachter 2012 noch davon ausging, dass auch TPL mit der AN124 durchgeführt werden sollen. Wieso der Gutachter dies nun anders sieht, bleibt offen.

Das Szenario 1 geht davon aus, dass während der Nachtstunden pro Monat durchschnittlich ein Triebwerksprobelauf an einer Außenposition durchgeführt wird (AzB-Gruppe S6.1). Als Aufstellungsort wird die Außenposition „Alte Südbahn“ gewählt.

Das Szenario 2 geht gegenüber dem Szenario 1 von einem um 50% erhöhten Bedarf an nächtlichen Triebwerksprobeläufen aus, die während der Nachtstunden an einer Außenposition durchgeführt werden. Unterstellt werden 9 Triebwerksprobeläufe während eines Zeitraums von 6 Monaten (d.h. durchschnittlich 1.5 Probeläufe / Monat). Hierbei wird angenommen, dass zu 2/3 Luftfahrzeuge der AzB-Gruppe S5.2 und zu 1/3 Luftfahrzeuge der AzB-Gruppe S6.1 getestet werden. Die Probeläufe verteilen sich zu 2/3 auf die Außenposition „Alte Südbahn“ und zu 1/3 auf die Außenposition „Enteisungsfläche NW“.

Zu dieser Flugzeuggruppenaufteilung passt es nicht, dass die Planfeststellungsbehörde die FLHG auf Anregung u.a. der Stadt Leipzig im 7. Planänderungsverfahren hat Messungen zur Lautstärke der TPL einer AN-124 und weiterer Flugzeuge vorlegen lassen. Nach Darstellung der Planfeststellungsbehörde ist dem Messbericht von Müller BBM GmbH zu entnehmen, dass in der Leistungsstufe „Take Off mit einer bei Triebwerksprobeläufen üblichen Triebwerksleistung von 92 % (AN-124) bzw. 90 % (AN-26) Schallleistungspegel (Lw) von 159 dB(A) für die AN-124 bzw. von 150 dB(A) für die AN-26 festgestellt worden. Der TPLS und die dortigen Kulissenschalldämpfer wurden im 7. ÄPFB anhand der AN 124 dimensioniert, weshalb nicht plausibel ist, dass dieses Flugzeug in der vorliegenden Betrachtung keine Rolle spielen soll. Weitere Konkretisierungen und Vertiefungen werden auch insoweit dem Erörterungstermin vorbehalten.

Die von der FLHG behauptete Notwendigkeit der Änderung des Bezugszeitraums der Nebenbestimmung in A II 4.7.2 besteht nicht, die Änderung ist vielmehr – unabhängig von den Einwendungen gegen die Lärmgutachten – auch unter Berücksichtigung der Aussagen der Planfeststellungsbehörde im 7. ÄPFB abzulehnen, da mit der Änderung der Wortlauts in A II 4.7.2 von „in keinem Fall“ auf „im Mittel“ der bisherige Regelungswille der Behörde verfehlt wird und durch die Änderung der für die betroffenen Anwohner vorgesehene Schallschutz signifikant verschlechtert wird.

4. Schutzkonzept der Planfeststellungsbehörde

Die Planfeststellungsbehörde nahm unter Bezugnahme auf das DLR-Konzept im PFB 2004 zunächst an, dass ein noch ungeklärtes Problem des Wiedereinschlafens bestünde. Das Problem beim Wiedereinschlafen liege danach in der Zeit zwischen zwei Lärmereignissen. Trete in einem aufgewachten Zustand (aufgrund spontanem Aufwachen oder aufgrund Fluglärms) in der wachen Zeit ein neues Fluglärmereignis auf, werde das Wiedereinschlafen behindert. Trete dann in kurzer Zeit das nächste Fluglärmereignis auf, können sich Reaktionen kumulieren. Es könne verstärkt Ärger entstehen mit psycho-somatischen Folgewirkungen. Da in der Zeit von 4.00 Uhr – 6.00 Uhr in der Stunde 40 bis 60 Starts auf dem Zwei-Bahn-System zu erwarten sind, werde die Zeitfolge zwischen den einzelnen Fluggeräuschen sehr dicht sein. Das DLR hatte bislang noch nicht ermitteln können, welche Konsequenzen daraus für ein gesichertes Wiedereinschlafen zu ziehen sind. Die Planfeststellungsbehörde hoffte 2004, dass das DLR in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, auch zu dieser Frage eine empirisch abgeleitete Empfehlung aussprechen zu können.

Auch der von der Planfeststellungsbehörde beauftragte Gutachter (Pro. Kastner) kam zu dem Schluss, dass noch nicht alle wünschenswerten Zusammenhänge aufgeklärt sind. So fehlte in der DLR-Studie ein repräsentativer Nachweis über die Langzeitwirkungen nächtlichen Fluglärms. Die Untersuchung war zudem auf den Fluglärm beschränkt und ließ deshalb keine Aussagen zu über das – hier gerade interessierende - Zusammenwirken von Fluglärm und Bodenlärm bzw. vorhandenem Straßen- und Schienenlärm.

Die bestehende Wissenslücke wollte die Planfeststellungsbehörde bei Erlass des PFB durch „vorsichtiges vernünftiges Urteilen“ schließen.

Um das Schutzziel, einen gesunden ruhigen Schlaf zu gewährleisten, zu erreichen, hat die Planfeststellungsbehörde deshalb für überlagernden Bodenlärm zusätzlich zum DLR-Konzept einen Dauerschallpegel im Rauminneren von Leq (3) 30 dB(A) festgesetzt. Das erweiterte Nachtschutzgebiet wird durch die Kontur von Leq (3) 45 dB(A) infolge des Bodenlärms des Flughafens gebildet. Hierzu die Planfeststellungsbehörde:

„Bei der Bestimmung der erforderlichen Schallschutzmaßnahmen in diesem Erweiterungsgebiet sind Boden- und Fluglärm als Gesamtpegel zu berücksichtigen. Der Betrieb des Flughafens verursacht nicht nur Fluglärm (Lärm der fliegenden Maschinen einschließlich Start- und Landevorgänge), sondern auch Bodenlärm: den Rolllärm der landenden Flugzeuge zu ihrer Halteposition und die der startenden von ihrem Halt bis zum Startpunkt. Dazu gehört auch der sonstige Verkehr auf dem Flughafengelände. Der nächtliche Flugverkehr verursacht weiterhin Lärm durch den Zulieferverkehr auf Straße und Schiene. Der gesamte vom Flughafen verursachte Lärm muss beim Lärmschutz berücksichtigt werden.

Zu den luftseitigen Bodenlärmquellen werden ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses 2004 die Rollbewegungen der Luftfahrzeuge, die Triebwerke und Hilfstriebwerke auf dem Vorfeld, die Kraftfahrzeuge im Vorfeldeinsatz und sonstige Kraftfahrzeugbewegungen (Busse, Gepäckschlepper und Tankfahrzeuge zwischen Passagierabfertigung bzw. Tanklager und Vorfeld) gerechnet. Außerdem ist hierzu der durch den Flughafenbetrieb induzierte Bodenlärm durch Kraft- und Schienenfahrzeuge bis zur Einfädelung in die allgemeinen Verkehrswege zu zählen. Außerdem sind die Triebwerksprobeläufe hierzu zu zählen. (…)“

Das kombinierte Konzept beschrieb die Behörde so:

„Die Planfeststellungsbehörde hat das auf der DLR-Studie, die nur die Dosis-Wirkungs-Beziehung hinsichtlich des reinen Fluglärms untersucht hat, basierende Lärmschutzkonzept in Ausübung ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit um weitere Schutzstandards zur Erfassung der Bodenlärmproblematik ergänzt. Dabei ist der Bodenlärm nicht isoliert, sondern in seinen Überlagerungen zum Fluglärm zu betrachten. Weiter ist zu differenzieren, ob ein Wohnanwesen innerhalb oder außerhalb der durch das vom DLR ermittelte Kriterium „nicht mehr als eine Aufwachreaktion im Mittel“ dimensionierten Kontur befindlich ist.

Prof. Dr. Dr. Kastner schlägt in seinem Gutachten „Ausbau Verkehrsflughafen Leipzig/Halle - Stellungnahme zu den medizinischen und psychologischen Auswirkungen des Fluglärms“ zur Vermeidung von erheblichen Belästigungen durch Fluglärmbelastungen in Ergänzung der DLR-Studie einen Innen-Leq von 30 dB(A) vor (S. 106 des Gutachtens). Die Planfeststellungsbehörde hat sich dies für die hier vorliegende spezifische Konstellation zu eigen gemacht und dabei zu Gunsten der Betroffenen die Schallschutzmaßnahmen so dimensioniert, dass nicht nur der Bodenlärm, sondern der gesamte flughafeninduzierte Lärm im Rauminnern auf einen Dauerschallpegel von Leq 30 dB(A) herunter gedämmt wird.

Die berechneten Maximalpegel-Häufigkeits-Verteilungen, die dem in der AzB beschriebenen Berechnungsalgorithmus folgen und zusätzlich um die Berücksichtigung von um den klassenspezifischen mittleren Maximalpegel normal-verteilten Pegeln erweitert wurden, geben an, wie häufig bestimmte Maximalpegel innerhalb einer Nacht auftreten. Den Normalverteilungen liegt eine Standardabweichung von 3 dB zugrunde. Die Berechnungen zur Höhe und Häufigkeit der auftretenden mittleren Maximalpegel erfolgen nach den in der AzB beschriebenen Rechenregeln (vgl. dazu BVerwG, NVwZ-RR 1991, 118; VGH Kassel, Urteil vom 23.12.2003 - 2 A 2815/01) und sind eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die benachbarten Ortslagen. Den Maximalpegeln liegt eine 100 % zu 100 % Aufteilung der Betriebsrichtung zugrunde. Der jeweils höhere der beiden Werte wird zur Beurteilung herangezogen (vgl. VGH München, UPR 2003, 235). Die Maximalpegel-Häufigkeits-Verteilungen geben einen guten Überblick über die Größenordnungen und Häufigkeiten der zu erwartenden mittleren Maximalpegel.

(…)

Die Planfeststellungsbehörde hat die Auswirkungen des Fluglärms und des Bodenlärms zwar getrennt ermittelt, hinsichtlich der Auswirkungen jedoch die Kumulation von Flug- und Bodenlärm berücksichtigt. Das Nachtschutzgebiet wurde räumlich dahingehend erweitert, wenn der flughafeninduzierte Bodenlärm an der südlichen Grenze des Flughafengeländes den energieäquivalenten Dauerschallpegel von 45 dB(A) erreicht oder überschreitet. In diesem Erweiterungsgebiet haben die Schallschutzvorrichtungen im Hinblick auf Flug- und Bodenlärm einen Innenpegel von Leq(3)=30 dB(A) zu gewährleisten.“

Diese Ausführungen der Planfeststellungsbehörde betreffen allesamt das passive Schallschutzkonzept und betonen dort – entsprechend des von der Planfeststellungsbehörde verfolgten Meistbegünstigungsprinzips, dass Boden – und Fluglärm gleichermaßen in die Berechnung der Einzelobjekte nach Anlage 7 des PFB einzufließen haben und damit einmal das eine, einmal das andere Kriterium für die Dimensionierung des Schallschutzes relevant sein kann. Auf diese Verknüpfung der TPL als Bestandteil des Bodenlärms mit dem DLR-Konzept über die Nebenbestimmungen in A II 4.2.4 bis 4.2.6 nimmt der Gutachter der FLHG (ausschließlich) Bezug.

Mit der Nebenbestimmung A II.4.7.2. hat die Planfeststellungsbehörde ausweislich der Begründung des 7. ÄPFB zur Gewährleistung des erforderlichen Lärmschutzes im Planfeststellungsbeschluss vom 04.11.2004 auch Lärmgrenzwerte (allein) für die Triebwerksprobeläufe wie folgt festgelegt:

• tags (6.00 - 22.00 Uhr): Einhaltung eines energieäquivalenten Dauerschallpegels von 57 dB(A) außen an Wohnhäusern während der Einwirkzeit

• nachts (22.00 - 6.00 Uhr): Einhaltung eines A-bewerteten Maximalpegels von 50 dB(A) außen an der Grenze des unter A II.4.2.2. festgelegten Nachtschutzgebiets sowie Einhaltung eines A-bewerteten Maximalpegels von 35 dB(A) im Wohnungsinneren im gemäß A II.4.2.2. festgelegten Nachtschutzgebiet.

Unrichtig ist es, wenn in den Antragsunterlagen behauptet wird, dass auf Grundlage der AzB nur von dem Maximalpegel die Rede sein könne, der im Durchschnitt der 6 verkehrsreichsten Monate auftritt. Insbesondere ist es unrichtig, dass auch die Spitzenpegel und damit die sogenannten NAT-Werte stets auf einen durchschnittlichen Tag der 6 bzw. die Nacht der verkehrsreichsten Monate eines Jahres bezogen wären.

Richtig ist lediglich, dass nach der AzB-DLR die Berechnungen für Mittelungspegel und damit für äquivalente Dauerschallpegel stets auf den Durchschnittstag bezogen sind. Hier wird in den Berechnungen der jeweiligen Programme sofort durch 180 dividiert und damit der berechnete Wert auf den Durchschnittstag umgerechnet. Dabei wird rechnerisch vorausgesetzt, dass an jedem der 180 Tage die durchschnittlichen Werte für Flugbewegungen, Maximalpegel, Dauerschallpegel usw. gelten, die dann auch automatisch für den gesamten Zeitraum gültig sind. Die AzB-DLR sieht dementsprechend in ihrem Berechnungsteil für die Dauerschallpegel eine Mittelung von vornherein vor. Dies ist sowohl logisch als auch mathematisch konsequent, da dem äquivalenten Dauerschallpegel als Mittelungspegel das Element der Mittelung eben innewohnt.

Ganz anders ist die Situation hingegen bei den NAT-Werten. NAT-Werte (Number above Threshold) geben an, wie viele Ereignisse mit oder über einem bestimmten Pegel auftreten. Da NAT-Werte gerade das Ziel verfolgen, Auskunft über Einzelereignisse zu geben, ist die Einführung einer Mittelung über die Bezugnahme auf einen Durchschnittstag anders als beim Dauerschallpegel nicht unbedingt angezeigt.

Wenn die FLHG also im Ergebnis die Behauptung aufstellt, dass alle NAT-Werte immer auf den mittleren Tag bezogen sein müssten, ist dies definitiv falsch.

 

5. Schutz vor Lärm aus TPL in jeder Nacht

Aus Sicht der Lärmbetroffenen ist das bisher geltende Kriterium von 0 × 55 dB(A) (bzw. 0,49 entsprechend der von den Gutachtern vorgeschlagenen Rundung nach DIN 1333) in den gesamten 6 verkehrsreichsten Monaten ohne weiteres gerechtfertigt. Die Bezugnahme auf den Durchschnittstag der 6 verkehrsreichsten Monate bewirkt hingegen eine signifikante Verschlechterung des Schutzniveaus.

Aus hiesiger Sicht können und müssen die NAT-Werte in A II 4.7.2 auf die Gesamtheit der 6 verkehrsreichsten Monate bezogen werden. Hierfür spricht bereits aus logischer Sicht, dass ein NAT0-Kriterium bereits begrifflich nicht auf einen Durchschnittstag bezogen werden kann. Soll die Forderung im Wortlaut der Bestimmung, dass kein Maximalpegel einer bestimmten Höhe außen oder im Rauminnern (dort dann entscheidend für die Dimensionierung des Schallschutzes) auftritt, realisiert werden, verbietet allein dies eine Bezugnahme auf einen Durchschnittstag.

Gegen eine Bezugnahme auf den Durchschnittstag spricht weiterhin, dass diese Bezugnahme auf den Durchschnittstag der 6 verkehrsreichsten Monate weder im Tenor des Planfeststellungsbeschlusses selbst noch in dessen Begründung zu A II 4.7.2. zu finden ist. Grund hierfür ist aus, dass eine solche Bezugnahme bei einem NAT0-Kriterium von vornherein logisch unmöglich ist, da eben ein Verbot eines Auftretens bestimmter Pegel von vornherein nicht realisiert werden kann, wenn in den Berechnungen eine Bezugnahme auf den Durchschnittstag erfolgt. Dass die bisherige Bestimmung auch entsprechend ihres Wortlautes auch so auszulegen ist, dass Triebwerksprobeläufe in der Nacht in keinem Fall – also im gesamten Bezugszeitraum - an der Grenze des Nachtschutzgebietes zu einem Maximalpegel von mehr als 50 dB(A)außen und innerhalb des Nachtschutzgebietes zu einem Maximalpegel von mehr als 35 dB(A)innen führen dürfen, zeigt auch das Urteil des BVerwG vom 09.11.2006 (A 2001.04, Rn. 120). Die hier vertretene Auffassung, dass bei Fehlen eines Bezugszeitraums im PFB nach Sinn und Zweck eine Bezugnahme auf den gesamten Betrachtungszeitraum der 6 verkehrsreichsten Monate abzustellen sein kann, was hier gerade wegen dem Anliegen der Planfeststellungsbehörde, jegliche Lärmerhöhungen durch TPL auszuschließen, anzunehmen ist, wurde auch vom BVerwG geteilt (vgl. Beschluss vom 15.01.2014, 4 BN 36.13). Konsequenterweise muss jetzt die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH wegen Fehlens einer ausdrücklichen Bezugnahme der dortigen Tagschutzbestimmung auf den Durchschnittstag für Schallschutzmaßnahmen Sorge tragen, die gewährleisten, dass in den Wohnräumen im Tagschutzgebiet des BER in den maßgeblichen 6 verkehrsreichsten Monaten keine höheren Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten.

Der Unterschied zwischen einem NAT-Kriterium, das auf den Verkehr in den 6 verkehrsreichsten Monaten bezogen ist und demselben NAT-Kriterium, das sich auf den Durchschnittstag der 6 verkehrsreichsten Monate bezieht, ist ganz immens und führt insbesondere zu einer massiven Verschlechterung beim erforderlichen resultierenden Bauschalldämmmaß.

Dies zeigt sich bereits darin, dass bei einem Kriterium von 0 × 50 dB(A) außen bzw. 0 x 35 dB(A) innen in den 6 verkehrsreichsten Monaten in dieser Zeit tatsächlich (rechnerisch) kein solcher Pegel in den Innenräumen auftritt, während bei einem Kriterium von 0 × 50 dB(A) außen bzw. 0 x 35 dB(A) innen im Durchschnitt der 6 verkehrsreichsten Monate (rechnerisch) ein solches Lärmereignis statistisch insgesamt 88 Mal in den 6 verkehrsreichsten Monaten auftreten wird.

Die "Argumente" der FLHG, wieso eine weder dem Wortlaut noch der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses entnehmbare Bezugnahme der NAT-Werte auch für die TPL auf den Durchschnittstag der sechs verkehrsreichsten Monate erfolgen soll, können allesamt nicht überzeugen:

Auch die weiteren Begründungen für die angebliche Notwendigkeit, auch die NAT-Werte auf einen durchschnittlichen Tag der 6 verkehrsreichsten Monate eines Jahres zu beziehen, verfangen nicht.

Nicht bestritten wird, dass das vom Gutachter für die Ermittlung der Überschreitungshäufigkeit „0“ geforderte Abbruchkriterium notwendig ist. Die Einführung der Normalverteilungsfunktion in die AZB geht darauf zurück, dass die AzB Flugzeuggruppen bildet, wobei den jeweiligen Flugzeugen innerhalb einer Flugzeuggruppe gleiche Emissionswerte und damit auch gleiche Maximalpegel zugeordnet werden, obwohl es in der Realität hier Schwankungen gibt. Die AzB-DLR hat deshalb ein Verfahren eingeführt, in dem in die Gruppenpegel eine nachträgliche Streuung eingefügt wird mithilfe der Gausschen Normalverteilung. Diese sinnvolle und notwendige Erweiterung des Berechnungsverfahrens muss berücksichtigt werden, wenn Maximalpegelverteilungen ausgewertet und daraus Schwellenwertkriterien abgeleitet werden sollen.

Richtig ist es deshalb, einen Schwellenwert für die Pegelhäufigkeit in den Berechnungsalgorithmus einzufügen, der definiert, bis zu welchem Punkt die Normalverteilungsfunktion angewendet werden soll, weil die Normalverteilungsfunktion sich zwar asymptotisch dem Wert Null annähert, der Wert Null für Maximalpegel jedoch niemals erreicht wird. Es muss für die Normalverteilungsfunktion folglich ein Abbruchkriterium geben.

Ob aber der fragliche Schwellenwert für die Pegelhäufigkeit auf den gesamten Zeitraum der 6 verkehrsreichsten Monate bezogen werden muss, ist keine mathematische Frage, sondern in Abhängigkeit von dem von der Planfeststellungsbehörde verfolgten Schutzzweck der getroffenen Regelung zu bestimmen.

Die Regelung in A II 4.7.2. lautete ursprünglich:

„Triebwerksprobeläufe mit Flugtriebwerken dürfen am Flughafen Leipzig/Halle am Tage (6.00 – 22.00 Uhr) nur durchgeführt werden, wenn die Geräusche durch Probeläufe einen energieäquivalenten Dauerschallpegel von 57 dB(A) außen während der Einwirkzeit an Wohnhäusern nicht überschreiten. Triebwerksprobeläufe dürfen am Flughafen Leipzig/Halle in der Nacht (22.00 – 6.00 Uhr) in keinem Fall an der Grenze des unter A II.4.2.2. festgelegten Nachtschutzgebietes zu einem A-bewerteten Maximalpegel von mehr als 50 dB(A) außen führen.

Innerhalb des unter A II.4.2.2. festgelegten Nachtschutzgebietes dürfen Triebwerksprobeläufe am Flughafen Leipzig/Halle während der Nachtzeit (22.00 – 6.00 Uhr) in keinem Fall zu einem A-bewerteten Maximalpegel von mehr als 35 dB(A) im Wohnungsinneren führen. Triebwerksprobeläufe dürfen am Flughafen Leipzig/Halle nur auf dem im festgestellten Plan C 4 als „Triebwerksprobelaufstand“ gekennzeichneten Bereich durchgeführt werden.“

Mit der 7. Planänderung wurde die Nebenbestimmung dahingehend geändert, dass die TPL nur in dem westlich des Rollweges H 1 errichteten Triebwerksprobelaufstand (Hallenbauweise mit Kulissenschalldämpfern) durchgeführt werden dürfen, anstatt der bisher vorgesehenen Lokalisierung auf der östlich an den Rollweg H 2 anschließenden Fläche von ca. 0,78 ha (Teil der alten Start- und Landebahn Süd).

Die Regelung im PFB 2004 wurde wie folgt begründet:

„Die Auflage A II.4.7.2. stellt jedoch sicher, dass insbesondere Wohnhäuser und deren Bewohner nicht unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt werden. Der genannte Grenzwert für den Dauerschallpegel bei Probeläufen wurde mit einer Verminderung um 3 dB(A) gegenüber dem Wert des Tagschutzgebietes mit einem Dauerschallpegel von 60 dB(A) so gewählt, dass bei einer Gesamtlärmbetrachtung von Probelaufgeräuschen und Geräuschen der an- und abfliegenden Flugzeuge die Belastungsobergrenzen eingehalten werden. Maßgeblich für die Lärmbeurteilung ist der Zeitraum der Einwirkung der Probelaufgeräusche. (…)

Für die Nacht wendet die Planfeststellungsbehörde die Erkenntnisse der DLR-Studie an. Diese sind aber auf die Auswirkungen des Fluglärms beschränkt, umfassen also nicht den gesamten flughafeninduzierten Lärm, also insbesondere nicht den Bodenlärm und den vom Flughafen verursachten Straßen- und Schienenverkehr außerhalb des Flughafengeländes. Die Planfeststellungsbehörde muss hinsichtlich des Bodenlärms somit auf konventionelle Schutzkonzepte zurückgreifen und insofern akustische Kenngrößen festlegen. Dabei sind der Fluglärm und der gesamte Bodenlärm, der vom Flughafen zurechenbar verursacht wird, insgesamt zu betrachten. Hier ergeben sich vielfältige Überlagerungskonflikte. Die Planfeststellungsbehörde verfolgt insoweit ein pragmatisches Konzept des bestmöglichen Schutzes der Anwohner.

Als äußerste Grenze, die nicht überschritten werden darf, hat die Planfeststellungsbehörde ergänzend festgelegt, dass im Rauminnern kein Maximalpegel den Wert von Lmax= 65 dB(A) regelmäßig überschreiten darf. Ferner enthält die Darstellung des Nachtschutzgebietes die Kontur zur Abgrenzung des Gebietes, in der in der Nacht ein- und mehrmals Maximalpegel über 80 dB(A) auftreten können. Diese Grenze entspricht dem Kriterium, dass im Rauminnern keine Maximalpegel über 65 dB(A) auftreten unter der Voraussetzung eines geöffneten (= gekippten) Fensters. Bei dieser Berechnung wurde eine Aufteilung der Betriebsrichtungen von 100 % zu 100 % zugrunde gelegt. Hingegen wurde bei der Berechnung der aufgrund der Dosis-Wirkungs-Beziehung der DLR errechneten Kontur eine Verteilung der Betriebsrichtungen von 70 % zu 30 % und damit die Realverteilung zugrunde gelegt. Eine 100 % zu 100 % Verteilung, wie bei Maximalpegelkonturen üblich, würde die Auswirkungen auf den Menschen überschätzen. Bei der Berücksichtigung von Aufwachreaktionen ist es nach Ansicht des DLR lärmmedizinisch vertretbar, auf die durchschnittliche Nacht abzustellen. (…)

Mit dieser Ausweisung des Nachtschutzgebietes kann jedoch nur die Auswirkung des Fluglärms erfasst werden. Im Süden des Flughafens sind Wohnlagen durch Bodenlärm betroffen, die bei der Gebietsabgrenzung aufgrund des Flug-lärms noch nicht berücksichtigt wurden. Das Schutzziel des ungestörten Schlafes und des Wiedereinschlafens nach Aufwachen muss auch hier erfüllt werden. Die Planfeststellungsbehörde kann für dieses Gebiet jedoch, das außerhalb der DLR-Kontur liegt, nur auf akustische Kenngrößen zurückgreifen. (…)

Mit der Auflage A II.4.2.3. ist somit sichergestellt, dass auch außerhalb des Nachtschutzgebietes aufgrund der DLR-Kontur die Lärmauswirkungen infolge des Bodenlärms des Flughafens erfasst und die betroffenen Anwohner geschützt werden. (…)

Innerhalb dieses Gebietes haben die Schallschutzvorrichtungen, unabhängig davon, ob der Fluglärm oder der Bodenlärm dominiert, einen Innenpegel von Leq = 30 dB(A) zu gewährleisten.“

Und später heißt es:

„Die für das Planfeststellungsverfahren maßgebliche umhüllende Kontur des Nachtschutzgebietes - im Mittel eine zusätzliche Aufwachreaktion nachts- berücksichtigt nur den Flugverkehrslärm. Die Einbeziehung von Bodenlärm (land- und luftseitig) sowie des Verkehrs auf Straße und Schiene in die Kontur ist nicht möglich. Treten andere Schallquellen hinzu, ist es aus Sicht der Planfeststellungsbehörde, abhängig von der Höhe der einzelnen Immissionspegel, nicht ausgeschlossen, dass der auf der Grundlage der DLR-Berechnung dimensionierte Schallschutz nicht ausreichend ist. Im Unterschied zum Gesamtlärmkonzept der FLHG ist deshalb eine Gesamtlärmbetrachtung auch auf die Immissionsorte innerhalb des Nachtschutzgebietes zu erstrecken.

Die Betrachtung des Summenpegels hält die Planfeststellungsbehörde für unproblematisch. Es steht nicht die Dosis-Wirkungsbeziehung, sondern das Maß des Schallschutzes im Vordergrund. Die Planfeststellungsbehörde hat sich entschieden, eine Gesamtlärmbetrachtung der dem Flughafen zuzurechnenden Schallquellen auch unterhalb der Gesundheitsgefährdung durchzuführen und der FLHG zusätzliche Schallschutzmaßnahmen aufzuerlegen. Bei Zusammenwirken von Fluglärm und flughafen-induziertem Bodenlärm stellt sich die Frage der Verursacherhaftung nicht.

(…)

Da die DLR-Kontur nur den Flugverkehrslärm erfasst, sind die Bodenlärmpunkte innerhalb und außerhalb der Kontur einer gesonderten Betrachtung zu unterziehen. Innerhalb der DLR-Kontur sind demnach Überlagerungskonflikte an den Immissionspunkten sowie Bodenlärmpunkten gegeben, wenn die Pegeldifferenz 10 dB(A) oder kleiner ist. Für Bereiche innerhalb der DLR-Kontur besteht bereits ein Schallschutzanspruch, der die Einhaltung der Schutzziele gewährleisten soll. Im Vordergrund steht dabei der ungestörte Schlaf, der die Vermeidung von Aufwachreaktionen, erinnerbarem Aufwachen sowie die Möglichkeit des Wiedereinschlafens umfasst. Um auch das Wiedereinschlafen zu gewährleisten, sieht die Planfeststellungsbehörde es als notwendig an, zu dem Schallschutz, der die Vermeidung von Aufwachreaktionen sicherstellt, innerhalb der DLR-Kontur mit einer Außen-Innenpegeldifferenz von 25 dB(A) einen Schallschutzzuschlag von 3 dB(A) zu verfügen.

Da dieser Schallschutz den flughafeninduzierten Bodenlärm nicht berücksichtigt, muss bei Hinzutreten des flughafeninduzierten Bodenlärms die Einhaltung o.g. Schutzziele im gleichen Maß gewährleistet sein. Die Planfeststellungsbehörde sieht es deshalb als erforderlich an, den bereits auf Grund der DLR-Berechnung zu leistenden Schallschutz unter Einbeziehung des Bodenlärms auf ausreichende Dimensionierung zu prüfen. Besteht innerhalb der DLR-Kontur mit einer Außen-Innenpegeldifferenz von 15 dB(A) bei geschlossenem Fenster ein Anspruch auf Lüfter, kann durch Hinzutreten des flughafeninduzierten Bodenlärms bautechnischer Schallschutz erforderlich werden. Auch der bereits nach der DLR-Kontur mit einer Außen-Innenpegeldifferenz von 25 dB(A) ermittelte bautechnische Schallschutz kann bei Hinzutreten des flughafeninduzierten Bodenlärms nicht ausreichend sein.

(…)

Bei einer Überlagerung von Fluglärm und Bodenlärm ab Leq(3) 45 dB(A) ist nicht gewährleistet, dass der auf Grund der DLR-Kontur berechnete Schallschutz ausreichend ist. Beläuft sich der flughafeninduzierte Bodenlärm auf einen Leq(3) 45 dB(A), ist der Summenpegel aus Fluglärm und flughafeninduziertem Bodenlärm zu bilden. Anhand dieses Summenpegels hat die FLHG individuell zu überprüfen, welche Dimensionierung des Schallschutzes erforderlich ist, damit die Einhaltung eines Innenpegels von 30 dB(A) sichergestellt wird. Der Innenpegel von 30 dB(A) wird damit als zusätzliches Schutzziel festgesetzt.“

Diese Ausführungen beziehen sich letztlich ausschließlich auf Nr. 4.2.4 bis 4.2.6 des Planfeststellungsbeschlusses, nicht aber auf die flugbetriebliche Regelung in Nr. 4.7.2.

Diese Bestimmung hat die Planfeststellungsbehörde anlässlich der 7. Planänderung nochmals in den Blick genommen und hierzu u.a. ausgeführt:

„Im Zusammenhang mit der Ansiedlung von diversen Luftfrachtverkehrsgesellschaften am Flughafen Leipzig/Halle hat sich ergeben, dass auch größere Flugzeuge (z.B. Flugzeugmuster AN-124 und MD-11) auf dem Flughafen häufig verkehren bzw. dort stationiert sind. Daraus resultiert die Notwendigkeit der Durchführung von Trieb Werksprobeläufen auch für diese größeren Flugzeugmuster. Die FLHG hat daher untersucht, welche baulichen Maßnahmen notwendig sind, um auch bei Trieb Werksprobeläufen der o.g. Flugzeugmuster die o.g. Lärmgrenzwerte einzuhalten.

Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Einhaltung der Grenzwerte nur möglich ist, wenn der Triebwerksprobelaufstand in Hallenbauweise errichtet werden kann. Aufgrund der notwendigen Abmessungen einer solchen Halle (neben AN-124 und MD-11 soll nach den Anforderungen der FLHG auch das Flugzeugmuster A 380 darin getestet werden können, auch wenn dieses derzeit noch nicht am Flughafen Leipzig/Halle verkehrt) hat die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH wegen zu geringer Abstände zu den Roll wegen H 2 und N (letzterer führt über das Vorfeld Apron 1 und schließt an die Rollwege H 1 und H 2 an) empfohlen, den Triebwerksprobelaufstand nicht an der im Planfeststellungsbeschluss vom 04.11.2004 festgelegten Stelle zu errichten, sondern den Standort so zu verlagern, dass genügend große Abstände zum Rollverkehr bestehen und dieser damit nicht behindert wird.

Aufgabe der FLHG war nunmehr, einen Standort zu finden, der einerseits den flugbetrieblichen Sicherheitsaspekten des Rollverkehrs und andererseits den Lärmschutzanforderungen entspricht. (…)“

Dies ist – für eine etwaige Abwägung – insoweit relevant, als der TPLS nicht an der unter Lärmgesichtspunkten optimalsten Stelle errichtet wurde.

Die Behörde erläuterte außerdem:

„Da die Einhaltung des Nachtgrenzwertes an der äußeren Grenze des ausgewiesenen Nachtschutzgebietes kritischer einzustufen war als die Einhaltung innerhalb des Nachtschutzgebietes, in dem ein Rechtsanspruch auf passive Läxmschutzmaßnahmen bereits durch den Planfeststellungsbeschluss vom 04.11.2004 (in der Fassung des Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 09.12.2005) unwiderlegbar begründet worden ist, und auch die Einhaltung des Taggrenzwertes weniger kritisch schien, hat sich der Gutachter hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen Einfügungsdämpfung zunächst an den Beurteilungspegeln an 33 von ihm neu definierten, außerhalb des ausgewiesenen Nachtschutzgebietes gelegenen Immissionsorten (Angabe der Koordinaten in Anlage 4 des Schallschutzberichts vom 20.04.2007) orientiert. Die prognostizierten Maximalpegelbelastungen für diese Immissionsorte sind der Tabelle 1 (Spalte 3) auf Seite 10 des Berichts zu entnehmen. Damit wären ohne Schallschutzmaßnahmen zum Teil erhebliche Überschreitungen zu erwarten (z.B. Immissionsort 32 - Wiedemar - außerhalb des ausgewiesenen Nachtschutzgebietes: 6,2 dB(A) am südlichen Ortsrand; Immissionsort 31 — Wiesenena — außerhalb des ausgewiesenen Nachtschutzgebietes: 2,0 dB(A)).“

Dies belegt deutlich, dass die Behörde die Regelung in A II 4.7.2 ist erster Linie für die Dimensionierung der aktiven Schutzmaßnahmen am Gebäude herangezogen hat. Dass die Behörde hier eine eigenständige Vorgabe treffen wollte, die auch unabhängig vom Einfluss der TPL auf die Einhaltung des DLR-Konzepts eine eigenständige Schutzfunktion erfüllen sollte, belegt auch der Umgang mit der Einlassung des Landratsamtes Saalekreis, zu der ausgeführt wird:

„Entgegen der Auffassung des Landratsamtes Saalekreis ist bei der Beurteilung der Lärmimmissionen, die durch die Triebwerksprobeläufe verursacht werden, die Lärmkulisse des laufenden Flughafenbetriebes nicht mit zu betrachten. Die in der Nebenbestimmung A 11.4.7.6. des Planfeststellungsbeschlusses vom 04.11.2004 festgeschriebenen Grenzwerte beziehen sich ausschließlich auf den Lärm, der durch Triebwerksprobeläufe am Flughafen Leipzig/Halle verursacht wird. Diese Regelung ist bestandskräftig. Sonstiger durch den Flughafenbetrieb verursachter Lärm ist hierbei nicht zu berücksichtigen.

Davon zu unterscheiden sind die Regelungen unter A IL4.2.4. bis 4.2.6. des Planfeststellungsbeschlusses vom 04.11.2004. Im Zusammenhang mit der Prüfung von etwaigen Ansprüchen Betroffener auf passive Schallschutzmaß nahmen ist, soweit sich Flug- und Bodenlärm bzw. Vorbelastung überlagern, auch der durch die Triebwerksprobeläufe verursachte Lärm mit einzubeziehen.“

Soweit die FLHG und deren Gutachter also annehmen, die Bezugnahme auf den Durchschnittstag entspreche den Intentionen des PFB, verkennen sie die stete Betonung der Eigenständigkeit der für die TPL im PFB festgesetzten NAT-Werte sowie deren mangelnde Vergleichbarkeit mit den DLR-Kurven. Die Behauptung, das nach A II 4.7.2 untersagte Auftreten eines Leq von 35 dB(A) innen übersteige den vom DLR „gefundenen“ Wert von 33 dB(A) nur geringfügig, ist deshalb irreführend, unzutreffend und methodisch unzulässig.

6. Eigenständig wirksame Nebenbestimmung für TPL

Den obigen Auszügen aus der Begründung des PFB lässt sich damit entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde für die TPL eine eigenständig wirksame Nebenbestimmung auf Basis eines klassischen NAT-Wertes festsetzen wollte. Diesen nun – ebenso wie das DLR-Konzept - auf „das Mittel“ zu beziehen ist aus mehreren Gründen unzulässig.

Zunächst argumentiert der Gutachter mit der angeblichen Vergleichbarkeit des Maximalpegels in A II 4.7.2 zu der in A II 4.4.2 vorgesehenen Bestimmung, dass im Mittel der sechs verkehrsreichsten Monate kein Maximalpegel über 80 dB(A) außen bzw. 65 dB(A) innen auftreten darf. Ob der Planfeststellungsbehörde bewusst war, dass diese Mittelung dazu führt, dass in den 6 verkehrsreichsten Monaten insgesamt 88 dieser Pegel außen und innen auftreten dürfen, ohne dass das Schutzziel verletzt wird, mag dahinstehen. Soweit der Gutachter zur Begründung weiterhin auf die Mittelung des DLR-Konzepts abhebt (im Mittel weniger als eine zusätzliche Aufwachreaktion), ist mit der Planfeststellungsbehörde anzunehmen, dass es hierfür an der notwendigen Vergleichbarkeit des Höchstpegelkonzepts mit dem der Dosis-Wirkungsbeziehungen fehlt.

Richtigerweise ist zugrunde zu legen, dass gemäß Auflage A II 4.7.2 des Planfeststellungsbeschlusses durch die TPL in keiner Nacht der 6 verkehrsreichsten Monate ein Leq außen von 50 dB(A) oder von 35 dB(A) innen (oder jeweils mehr) auftreten darf. Dabei belegt bereits die Tatsache, dass der höchste anzulegende Emissionspegel für die Antonow mit 159 dB(A), der innerhalb des – angeblich nur – einstündigen TPL nur für eine geringe Einwirkdauer erzeugt wird, aber zugleich – unstreitig - in der Lage ist, eine Lärmbelastung in der Nachtkernzeit zu erzeugen, die den festgelegten Maximalpegel überschreitet, nur die Bezugnahme auf jede Nacht in den 6 verkehrsreichsten Monaten dem Schutzanspruch der Planfeststellungsbehörde entspricht. Nur so kann auch den besonders beeinträchtigenden TPL wirksam begegnet werden.

Die Planfeststellungsbehörde wollte mit der eigenständigen Regelung des Lärms der TPL zusätzlich zum DLR-Konzept sicherstellen, dass in den Innenräumen der Wohnhäuser auch bei der Durchführung nächtlicher TPL ein Schlafen und Wiedereinschlafen möglich. Aus diesem Grund hat sich der Planfeststellungsbeschluss auch dezidiert damit befasst, dass im Einzelfall auch allein das NAT-Kriterium bestimmend für die Dimensionierung des Schallschutzes sein kann und den Betroffenen insofern Meistbegünstigung gewährt.

Schlussendlich verkennt die FLHG, dass eine Übertragung der für die Schutzgebietsfestlegungen geltenden Annahmen des PFB auf die hier in Rede stehende flugbetriebliche Regelung (vgl. insoweit Abschnitt und Überschrift sowie systematischen Zusammenhang der Nebenbestimmung) nicht möglich ist. Die Nebenbestimmung in Teil A II 4.7.2 trifft gerade keine Aussage darüber, ab wann ein Schutzanspruch wegen TPL besteht und wie dieser zu dimensionieren ist. Dies wäre auch deshalb sinnwidrig, weil der Lärm aus TPL über den übrigen Bodenlärm und die hierzu getroffenen Bestimmungen in die Berechnung des Umfangs der Schalldämmmaßnahmen einfließt. In Kenntnis dieser Tatsache hat die Planfeststellungsbehörde die hier in Rede stehende flugbetriebliche Regelung getroffen, die regelt, wann TPL durchgeführt werden dürfen und wann nicht. Danach dürfen sie nur durchgeführt werden, wenn in keinem Fall der festgelegte Dauerschallpegel überschritten wird. Bei einer Bezugnahme auf den Durchschnittstag der 6 verkehrsreichsten Monate hätte diese flugbetriebliche Regelung keinerlei eigenständigen Regelungsgehalt mehr.

Hinzu tritt, dass bei dieser Lesart in keiner Form mehr plausibel wäre, wieso die Behörde in der 7. Planänderung annahm, die Grenzwerte in der von ihr verfügten Form könnten offenkundig ohne eine Zulassung von TPL nur in einer – zusätzlich kulissenschallgedämpften – Halle nicht eingehalten werden, obwohl sie nur von insgesamt 146 TPL im Jahr ausging.

Der Behörde ging es also bisher ersichtlich darum, den Lärm aus TPL in jedem Fall auf eine absolute Höhe zu begrenzen und zwar durch die Anordnung konkreter baulicher Ausgestaltung der Halle mit Schutzmaßnahmen, die eine emissionsbegrenzende Wirkung haben (Lärmminderung an der Quelle). Aus diesem Grund ist es notwendige Voraussetzung der Erfüllung des Schutzziels für den Lärm aus TPL, dass die TPL ausschließlich innerhalb des Gebäudes durchgeführt werden.

7. Zusammenfassung

Was die FLHG durch komplizierte Gutachten und verwirrende Berechnungen, die allenfalls eine Scheinrationalität erzeugen, zu verschweigen versucht, ist offenkundig. In der Sache geht es um nicht mehr als die Frage, ob die FLHG die TPL im Sinne seltener Ereignisse auch unter Verletzung der Nebenbestimmungen des PFB zur Nachtzeit außerhalb eines schallgedämpften Gebäudes durchführen darf. Da die Anzahl der TPL durchaus hoch ist (in den Gutachten tauchen Werte von 1 über 1,5 und 2, 5 bis hin zu 3, 4 und 7,1 monatlichen TPL außen auf, die wie angesprochen nicht auf der sicheren Seite liegen) und es sich zudem um – im Wesentlichen – planbare Ereignisse handelt, ist für die Anwendung von Grundsätzen für seltene Ereignisse kein Raum.

Der hier unternommene Versuch, bereits erworbene Schutzansprüche der örtlichen Bevölkerung wieder rückgängig zu machen in dem alleinigen Bestrebungen, den Nutzern des Flughafens auch in unvorhersehbaren Situationen eine optimale Nutzung des Flughafens zu ermöglichen, muss zwangsläufig scheitern. Die beantragte Änderung der Betriebsgenehmigung, den Schutz der Nachbarschaft vor dem Lärm aus TPL nicht in jeder Nacht durch Begrenzung des Dauerschallpegels als zulässige Betriebsvoraussetzung sicherzustellen, ist damit abzulehnen. Grund hierfür ist, dass

1.    4.7.2 nach dem Willen der Planfeststellungsbehörde eine eigenständige wirksame Nebenbestimmung sein sollte, bei der sich

2.    der strenge LMax aus der Begrenzung nur der Betrachtung des Lärms aus TPL ergibt und

3.    die flugbetriebliche Regelung im 4.7.2 strikt von den Schutzvorschriften zum DLR-Konzept zu unterscheiden ist, sodass

4.    die Frage der Einbeziehung des Lärms aus TPL über den Bodenlärm in die Schutzgebietsvorschriften keine Hinweise für Sinn und Zweck der Regelung in 4.72. liefern kann.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der besonderen Belastungssituation durch den schwerpunktmäßig zur Nachtzeit stattfindenden Flugverkehr, in der unnötige und nicht durch berechtigte Interessen zwingend geforderte zusätzliche nächtliche Belastungen unbedingt vermieden werden sollten. Dies gilt auch deshalb, weil der aktuelle Stand der Lärmwirkungsforschung weder durch das FluglG noch durch die DLR-Studie widergespiegelt wird.

Der wissenschaftliche Nachweis, dass Lärm zu Gesundheitsschäden führen kann, hat sich dahingehend verdichtet, dass nicht nur ein vermehrtes Auftreten von chronischer Blutdruckerhöhung, sondern auch von Herzinfarkt und Schlaganfall unbestritten ist. Der nächtliche Fluglärm hat sich dabei als die gefährlichste Lärmbelastung erwiesen.

Der Schallpegel, bei dem sich 25% der Bevölkerung hochgradig belästigt fühlen (highly annoyed), ist um annähernd 10 dB(A) niedriger geworden. Er liegt nach Auswertung der neuen Studien bei einem Tag-Abend-Nacht-Pegel (Lden) von gemittelt 56 dB(A) bzw. bei einem 16h-Dauerschallpegel (6 bis 22 Uhr) von gemittelt 54 dB(A) (Realverteilung). Werden nur die neuen Studien in Europa betrachtet, so liegen die Pegel jeweils noch 1 dB niedriger.

Als Belastungsgrenzwert für die Vermeidung von erheblicher Belästigung hat dementsprechend in Europa ein Lden von 55dB(A) zu gelten. Nach heutigem Kenntnisstand ist für Fluglärm ein Lden von 50 dB(A) als Belastungsgrenzwert zur Vermeidung eines erhöhten Hypertonierisikos im 24h-Tag anzusehen. Der nächtliche Fluglärm darf dabei nicht höher als Lnight = 45 dB(A) sein. Als mittelfristiges Ziel ist zum Schutz der Anwohner eine achtstündige Nachtruhe ohne Fluglärm in der Zeit von 22-06 h anzustreben. Zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen, erheblichen Belästigungen und kognitiven Einschränkungen lassen sich aus den angegebenen Belastungsgrenzwerten Immissionsgrenzwerte von 50 dB(A) Lden als 24h -Wert und 45 dB(A) Lnight für die Nacht ableiten. Der nächtliche Lärmwert von 45 dB(A) nachts ist dabei für all diese Schutzziele (Vermeidung erheblicher Belästigungen, Vermeidung von Gesundheitsschäden und kognitiven Einschränkungen) maßgeblich.

Da aufgrund der planfestgestellten Nachtflüge am Flughafen Leipzig Halle eine Umsetzung der aktuellen Forderungen der Lärmwirkungsforschung in absehbarer Zeit nicht möglich ist, sollten weitere Erhöhungen des Lärms ausgeschlossen und stattdessen weitere Minderungsmaßnahmen erwogen werden. Die Zulassung von mindestens 2 weiteren oder gar 3, 4 oder 7 Nächten pro Monat, in denen in der Kernzeit der Nacht für den Zeitraum von etwa 1 Stunde oder mehr mindestens 40 Maximalpegelereignisse in besonderer Höhe wegen außerhalb des TPLS durchgeführter TPL auftreten, ist in dieser Situation ein Schritt in die falsche Richtung. Deshalb sollte die Planfeststellungsbehörde bei ihrer jetzigen Auffassung bleiben und die aus guten Gründen verfügte Zuweisung der TPL in den TPLS beibehalten.

Weitere Ausführungen und Konkretisierung der erhobenen Einwendungen behalten wir uns insbesondere für den Erörterungstermin vor. Wir bitten um rechtzeitige Benachrichtigung von dem anstehenden Termin, da ggf. zur Vertiefung der obigen Ausführungen fachgutachterlicher Sachverstand hinzugezogen wird.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Franziska Heß
Stellvertretende Vorsitzende




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