13. Oktober 2016
Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 357.2 „Westlich der Olbrichtstraße – Teil Nord “
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Sachsen e.V., bedankt sich für die Zusendung der Unterlagen und das Einräumen des Mitspracherechts entsprechend § 63 Abs. 2 Ziff. 8 BNatSchG i.V.m. § 33 SächsNatSchG zum o.g. Vorhaben. Der BUND Landesverband Sachsen e.V. hat die BUND Regionalgruppe Leipzig autorisiert, die Stellungnahme für den BUND zu erarbeiten.
Das Plangebiet auf dem ehem. Kasernengelände umfasst 3,6 ha und soll zu einem hochwertigen Wohnstandort ausgebaut werden. Der LEP sieht für die Entwicklung innerhalb von Siedlungsgefügen die Schaffung und Erhaltung von naturnahen Lebensräumen und Grünflächen vor, um Lebensqualität und biologische Vielfalt zu erhalten. Weiterhin sieht der Landschaftsplan die Entwicklung von Lebensräumen in bebauten Gebieten vor; dies dient der stadtklimatischen Entlastung und soll u. a. durch die Erhöhung des Vegetationsgrades erreicht werden. Der B-Plan selbst umfasst den Bau von 410 Wohneinheiten auf einem Gebiet, in welchem sich gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG und § 21 SächsNatSchG (Bäume mit Baumhöhlen) befinden. Externe Ausgleichsmaßnahmen sind nicht vorgesehen.
Wir nehmen zum Vorhaben wie folgt Stellung:
Der B-Plan wird in seiner derzeitigen Form bzgl. des Artenschutzes abgelehnt. Er ist in Hinblick auf artenschutzrechtliche Belange zwingend zu überarbeiten. Aufgrund des sehr wahrscheinlichen allgemeinen Rückgangs an Artenvielfalt und Individuenzahl setzt sich der BUND außerdem für eine fachkundliche Begleitung und ein langfristiges ökologisches Monitoring während und nach des Bauprozesses ein. Unsere Bedenken hinsichtlich der geplanten Kompensationsmaßnahmen werden in der Begründung näher ausgeführt.
Begründung:
Beeinträchtigungen der Tier- und Pflanzenwelt im Zuge der Baumaßnahmen gehen v. a. vom Verlust der Ruhestätten, Brutplätze und Jagdbereiche von Vögeln und Fledermäusen sowie der Fällung eines geschützten Baumes aus. Es müssen also artenschützende Kompensationsmaßnahmen ergriffen werden, um die negativen Auswirkungen soweit wie möglich zu beschränken und auszuschließen. Der B-Plan sieht als Ersatz/FCS-Maßnahmen die Anbringung mehrerer Nist- und Spaltenkästen (insgesamt 41), Dachbodensanierungen (Hangplätze für Fledermäuse), die Umsiedlung von Zauneidechse und Blauflügliger Ödlandschrecke in ein gesondertes Habitat und 93 Baumneupflanzungen vor.
Hinsichtlich der 20 Brutvogelarten, von denen Turmfalke, Mäusebussard und Schleiereule als besonders artenschutzrechtlich bedeutsam einzustufen sind, wird ausdrücklich gefordert, die erheblich störenden Baumaßnahmen und Baumberäumungen außerhalb der Paarungs- und Aufzuchtzeit zu vollziehen, um die Zerstörung besetzter Brutstätten zu verhindern. Weiterhin ist zu prüfen, ob aufgrund der Schwere des Eingriffes nicht doch Kompensationsflächen außerhalb des Plangebietes zur Verfügung gestellt werden sollten.
Die 11 vorhandenen Fledermausarten, welche alle nach Anhang IV FFH-Richtlinie geschützt sind, verlieren durch den Abriss von Gebäuden Quartiere und Wochenstuben. Auch hier ist darauf zu achten, dass die Baumaßnahmen außerhalb der Aufzuchtzeit der Jungen stattfinden und bereits während bzw. zeitnah an das Ende der Bauarbeiten anschließend, die alternativen Nistmöglichketen in Form der Spaltenkästen und sanierten Dachböden zur Verfügung gestellt werden, um ein massenhaftes Abwandern zu vermeiden. Potentiell erfolgreich ist diese Maßnahme ohnehin nur bei ausschließlich kastenbewohnenden Kolonien, wobei alle 5 Jahre die Funktionsfähigkeit der Kästen überprüft werden muss. Bzgl. Ersatzquartieren für Sommer und Winter müssen ohnehin einige Besonderheiten beachtet werden: Bei Sommerquartieren hat sich herausgestellt, dass die Ersatzmaßnahme von ihrer Wirkungsdauer auf ein Jahr beschränkt ist und danach das ursprüngliche Quartier wieder bezogen werden sollte. Aus dem B-Plan ging nicht klar hervor, ob das bei dem geplanten Dachbodenausbau gegeben ist. Wir bitten hier um Eindeutigkeit. Betreffs der Winterquartiere müssen besondere mikroklimatische Ansprüche beachtet werden: Fledermäuse bevorzugen dahingehend Keller und Stollen bzw. unterirdisch gelegene Quartiere. Versteckmöglichkeiten und ein Störungen minimierender Eingang sind dabei von zentraler Bedeutung. Ein ungestörter Einflugbereich sowie eine maximale Entfernung von 100 m zum Ursprungsquartier haben sich als wichtige Faktoren für den Maßnahmenerfolg erwiesen. Insgesamt wird die Neuschaffung von Quartieren ohne Wiederherstellung der ursprünglichen Plätze als mittelmäßig bewertet. Von der Umsiedlung einer Wochenstubenkolonie wird darüber hinaus dringend abgeraten! Es wird darauf hingewiesen, dass für die genannten Arten das Verschlechterungsverbot gem. Art. 12 Abs. 1 der FFH-RL gilt. Soweit eine Verschlechterung des Zustands nicht verhindert werden kann oder Unsicherheiten bestehen, steht dieses Verbot dem Vorhaben entgegen.
Bezüglich der geplanten Umsiedlung von Blauflügliger Ödlandschrecke und Zauneidechse beachten Sie bitte unsere Ausführungen zum B-Plan 357.1 „Westlich der Olbrichtstraße – Teil Süd“.
Da bei den Bodenuntersuchungen erhöhte PAK-Werte festgestellt wurden, begrüßen wir die geplanten Sanierungsmaßnahmen, welche den Zustand des Schutzgutes Boden allgemein verbessern. Der belastete Bodenaushub muss entsprechend entsorgt werden. Eine Neuversiegelung ist auf das Mindestmaß zu beschränken, um die natürliche Entwicklung der erhaltenen Gehölze sowie der Neuanpflanzungen zu ermöglichen.
Wir bitten höflich um rechtzeitige Mitteilung des Erörterungstermins, an dem wir im Rahmen unserer personellen Möglichkeiten gern teilnehmen möchten und behalten uns die Erhebung weiterer Einwendungen, die sich erst aus einer tieferen, im Rahmen der gewährten Einwendungsfrist nicht zu bewerkstelligenden Analyse der Planunterlagen ergeben, ebenso vor wie eine Vertiefung der bereits angesprochenen Punkte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer