7. Oktober 2016

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 357.1 „Westlich der Olbrichtstraße – Teil Süd “

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Sachsen e.V., bedankt sich für die Zusendung der Unterlagen und das Einräumen des Mitspracherechts entsprechend § 63 Abs. 2 Ziff. 8 BNatSchG  i.V.m. § 33 SächsNatSchG zu o.g. Vorhaben. Der BUND Landesverband Sachsen e.V. hat die BUND Regionalgruppe Leipzig autorisiert, die Stellungnahme für den BUND zu erarbeiten.

 

Dass zwischen Bahnanlagen und Brachflächen befindliche Plangebiet umfasst  rund 5,8 ha und soll zu einem Wohnstandort mit innovativem Energienutzungskonzept entwickelt werden. Die Fläche ist durch die vorherige Bebauung stark anthropogen überformt und großflächig versiegelt. Auf dem Plangebiet haben sich in der Zeit des Brachliegens neben den ehemals angepflanzten Gehölzen weitere standorttypische Sträucher und Gräser entwickelt. Dies sowie die ungestörte Lage der leerstehenden Gebäude lockte verschiedene Vogel- und Fledermausarten an, welche z. T. streng geschützt sind. Der Bebauungsplan beinhaltet u. a. die Fällung relevanter Nistbäume sowie die Überformung des Jagdgebietes durch Neubauten. Der LEP verlangt dagegen die Schaffung und Entwicklung von naturnahen Lebensräumen, um die biologische Vielfalt zu erhalten, wenn nicht gar aufzuwerten.

 

Wir nehmen zum Vorhaben wie folgt Stellung:

Der Bebauungsplan wird in den Teilen, welche den Artenschutz und die relevanten Ziele des Umweltschutzes betreffen, abgelehnt. Dies betrifft v. a. die kaum vorhandenen Kompensationsmaßnahmen für die Verletzung, Entwertung und teilweise Entfernung der Brut-, Lebens- und Jagdräume der nachgewiesenen Vogel- und Fledermausarten.

 

Begründung:

Im Geltungsbereich des Bebauungsplanes befinden sich gesetzlich geschützte Biotope nach § 21 SächsNatSchG (höhlenreiche, alte Einzelbäume). Diese sollen im Zuge der Beräumung des Geländes weichen und durch Neupflanzungen ersetzt werden. Jungbäume stellen aber für viele Jahre keinen adäquaten Ersatz für alte Bäume mit zahlreichen Nistmöglichkeiten dar. Die Feststellung des Umweltberichtes, dass Lebensraum verloren aber gleichzeitig keine wesentliche Beeinträchtigung der Vegetation stattfinden soll, ist unglaubwürdig. Gerade in Verbindung mit den unzureichenden Artenschutzmaßnahmen (genannt in Teil C) kann dies nicht hingenommen werden. Bei 2 nachgewiesenen Quartierkomplexen für Fledermäuse und 3 bis 6 im Plangebiet auftretenden Fledermausarten (alle streng geschützt nach   § 44 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 13b und 14 b BNatSchG) ist die Anbringung eines einzigen Spaltenkasten absolut unzureichend. Das gleiche gilt für die geplanten Nistkästen: Da aufgrund fortgeschrittener Erkrankung/geringer Lebenserwartung wichtige Nistbäume gefällt werden, verschwinden weitere Lebensareale von Hausrotschwanz, Drossel, Turmfalke und rund 30 weiterer Arten. Die Anbringung von nur insgesamt 11 Nistkästen ist nicht mit den Belangen des Artenschutzes vereinbar. Durch die Wiedernutzung des Geländes besteht auch nicht nur eine wie behauptet normale Störungsintensität (vgl. 7.2.3.2 im B-Plan), sondern durch den Verlust von ungestörten Brut-, Jagd- und Lebensräumen eine erhebliche Beeinträchtigung.

Wir verweisen darauf, dass besonders für die Fledermausarten (Anhang IV der FFH-Richtlinie) das europarechtliche Verschlechterungsverbot Art. 12 Abs. 1 FFH-RL gilt und dies auch außerhalb von NATURA-2000-Gebieten. Die Planung ist daher in Bezug auf diese Arten umfangreich zu überarbeiten und weitere Vermeidungs-/Ausgleichs- und CEF-Maßnahmen vorzusehen.

Die Kompensations- und Umsiedlungsmaßnahmen für die Blauflüglige Ödlandschrecke werden als geeignet bewertet. Die zur Verfügung gestellte Fläche sowie die geplante Gestaltung und Strukturierung entsprechen den Lebensanforderungen dieser geschützten Art weitestgehend. Wir möchten an dieser Stelle nur ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei der Umsiedlung der biologische Rhythmus der Tiere beachtet wird, um unnötige Verluste zu vermeiden.

Bezüglich der geplanten Umsiedlungsmaßnahmen der Zauneidechse möchten wir bemerken, dass diese sich über mehrere Aktivitätsperioden der Tiere erstrecken müssen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Absammeln einigermaßen vollständig geschieht. Es können bis zu 5 Jahre vergehen, ehe die Maßnahme Wirksamkeit entfaltet und selbst dann ist noch unklar, ob die große innerartliche Variabilität der Population gerettet werden konnte. Es ist also äußerste Vorsicht geboten, wenn die genetische Vielfalt nicht beeinträchtigt werden soll, weshalb wir ausdrücklich zu einer mehrjährigen Erfolgskontrolle raten. Da die Beobachtung gezeigt hat, dass Zauneidechsen bei vergangenen Umsiedlungsmaßnahmen dazu neigten das Ansiedlungsgebiet zu verlassen, sollte die Zielfläche vorübergehend eingezäunt werden. Hierbei ist besonders auf ausreichend Beute im eingegrenzten Gebiet zu achten; kann dies nicht garantiert werden, muss ggf. zugefüttert werden. Durch einen nur von einer Seite zu überwinden Geländeabsturz oder reusenartigen Zaunöffnungen kann die Abwanderung verhindert und gleichzeitig die Zuwanderung ermöglicht werden. Insgesamt sehen wir die Umsiedlungsmaßnahme als kritisch an, welche bei Durchführung äußert gewissenhaft vollzogen und fachkundlich begleitet werden muss.

Weiterhin wird eine fehlerhafte Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung bemängelt. Wir weisen darauf hin, dass die zugrunde gelegten Wertpunkte unserer Ansicht nach nicht angemessen vergeben wurden: Zum einen kann die Bewertung „Landschaftsbild“ im Bestand wohl kaum mit 0 Punkten bewertet werden bzw. würde eine erneute Bebauung keine Aufwertung um 261.765 Punkte rechtfertigen.

Zum anderen ist die Begründung zur allgemeinen Wertpunktsteigerung durch das Argument des geringeren Versiegelungsgrades nur begrenzt gültig. Eine teilversiegelte Fläche ist nämlich unter Umweltgesichtspunkten nur sehr eingeschränkt nutzbar - ein Biotop kann sich darauf jedenfalls nicht entwickeln und auch die Boden- und Wasserfunktionen sind nicht vollumfänglich möglich (wie bei einer Nicht-Versiegelung). Zugleich ist zu beachten, dass durch die Planung beabsichtigt wird, gesetzlich geschützte Biotope zu zerstören, dies wird bei der Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung nicht berücksichtigt. In Bezug auf diese Gebiete ist jegliche erdenkliche Maßnahme zum Erhalt zu ergreifen. Sollte ein Verlust unvermeidbar sein, sind diese Gebiete unserer Ansicht nach jeweils mindestens mit einem Verhältnis 1:4 zu kompensieren. In diesem Zusammenhang soll nochmal eindrücklich auf § 30 Abs. 3 BNatSchG verwiesen werden, der vorgibt, dass eine Zerstörung oder erhebliche Beeinträchtigung eines gesetzlich geschützten Biotops nach § 30 Abs. 1 BNatSchG nur dann auf Antrag zugelassen werden darf, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung ist jedenfalls dringend zu überarbeiten.

Wir bitten höflich um rechtzeitige Mitteilung des Erörterungstermins, an dem wir im Rahmen unserer personellen Möglichkeiten gern teilnehmen möchten und behalten uns die Erhebung weiterer Einwendungen, die sich erst aus einer tieferen, im Rahmen der gewährten Einwendungsfrist nicht zu bewerkstelligenden Analyse der Planunterlagen ergeben, ebenso vor wie eine Vertiefung der bereits angesprochenen Punkte.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer




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